1966 AMC/Rambler Marlin
Der Raubfisch
Jo-Han, Maßstab 1:25
Wikipedia zufolge sind Marlin(e) große Raubfische der offenen Hochsee und gehören zu den Speer- oder auch Fächerfischen. Sie sind hervorragende Schwimmer, erreichen hohe Geschwindigkeiten und unternehmen weite, transozeanische Wanderungen. Die kleinste Art wird ca. 1,85 Meter lang, während die größte (Blaue Marlin) eine Länge von 5 Meter erreicht.
Ein passender Name für das 1965 auf Basis des Rambler Classic erschienene Sport Coupe, welches ebenfalls knapp 5 Meter Länge erreichte. Der Marlin sollte aber nicht mit den im Vorjahr erschienenen Barracuda und Mustang konkurrieren, sondern als sportliches Luxus Coupe einer neuen Fahrzeugklasse eine junge Käuferschicht ansprechen, die zu ansprechenden Fahrleistungen auch auf ausreichend Komfort nicht verzichten wollte.
1966 spendierte man dem Marlin neben nur marginalen Änderungen am äußeren Erscheinungsbild optional einen über Dach und Kofferraumdeckel reichenden Vinylbezug. Dafür verschwand aus Imagegründen der noch am 65´er Modell prangende Schriftzug RAMBLER und der Preis für das Basismodell wurde von 3100 auf 2601 Dollar gesenkt. Trotzdem sanken die Verkaufszahlen von ursprünglich über 10000 auf nur noch gut 4500 Exemplare ab. 1967 wurde der Marlin schließlich auf die größere Plattform des Ambassador aufgesetzt und wirkte durch den nun längeren Vorbau mit der dynamischeren Front und den horizontal angebrachten Doppelscheinwerfern noch harmonischer. Trotz der Tatsache, dass dem Marlin ein neuer V8 spendiert und der bisher schon überdurchschnittliche Komfort nochmals erhöht wurde, gingen die Verkaufszahlen weiter auf nur noch 2545 Exemplare zurück, was das Aus für den Marlin bedeutete. Ab 1968 konzentrierte sich AMC auf das kleinere Fastback Coupe namens Javelin
(= Speer – passt auch wiederum zum „Speerfisch“), das nun als Alternative zu Mustang und Co. in der Ponycar Klasse mitmischen sollte.
Obwohl der Marlin kein großer finanzieller Erfolg wurde, schaffte er es jedoch das AMC anhaftende Image vom Hersteller von sparsamen, aber langweiligen Kleinwagen zu befreien und kann somit im Nachhinein trotzdem als Glücksgriff gewertet werden. Selbst Jahrzehnte später wurde das Designelement des luxuriösen Fastback Coupes mit dem 2004 erschienenen Chrysler Crossfire wieder aufgegriffen und von den Autojournalisten mit dem Marlin von 1965/66 verglichen. Das mit dem Ende der Daimler-Chrysler Cooperation auch dieses Modell wieder sang- und klanglos verschwand, ist wirklich bedauerlich!
Im AMC-Prospekt von 1966 ist eine Zeichnung abgebildet, die laut Bildunterschrift den Marlin in „caballero tan“ (einem mittleren Braunton) mit schwarzem Vinylbezug über Dach und Kofferraumdeckel zeigt. Das sagte mir sehr zu. Von meiner Lieblingsmarke Duplicolor hatte ich aber keine passende Farbdose gefunden; aber Multona hat eine im Programm, die dem Farbton recht nahekommt. Also die genommen und gehofft, dieses Mal mehr Glück beim Lackieren zu haben als sonst mit den Multona Farben. Die Farbe erwies sich aber als sehr rauh und stellenweise hat sich die Farbe auch nicht mit dem JoHan Plastik vertragen. Also ab ins Entlackungsbad und anschließend dann noch mühsam die verbleibenden Farbreste aus den zahlreichen Verwinklungen und Ritzen gekratzt bzw. abgeschliffen.
Leider gingen dabei nicht nur die Marlin-Schriftzüge auf der Motorhaube und am Kofferraumdeckel verloren, auch die ovalen und nur dünn geprägten Zierleisten an den C-Säulen fielen der Aktion zum Opfer. Die Embleme an den Flanken konnten aber noch gerettet werden. Kein Problem – hab ja noch einen zweiten Bausatz zur Verfügung. Und beim Hornbach entdeckte ich von einer bisher unbekannten Marke eine Sprühfarbe in (fast) dem gewünschten Braunton - mit der Aufschrift „schnelltrocknend“. Ein perfektes Beispiel für falsche Versprechen in der Werbung! Denn auch nach mehreren Monaten war die Farbe zwar „staubtrocken“, aber beim Anfassen fing die Farbe – wohl ausgelöst durch die Körperwärme – wieder heftig zum Kleben an. Ganz toll! Und Ablaugen in der Bremsflüssigkeit funktionierte auch nicht. Nachdem ich in einer halben Stunde gerade mal einen kleinen Teil mit Nagellackentferner abgerieben hatte, gab ich das Vorhaben entnervt auf und wandte mich wieder der ersten Karosserie zu. Die ovalen Zierleisten an den C-Säulen mussten mit Evergreen an den Enden neu aufgebaut werden und das gebrochene rechte Ausstellfenster erfuhr die gleiche Prozedur.
Beim anschließenden Neulackieren ging ich dann aber vorsichtiger vor als beim ersten Mal. Die Lackierung war zwar hinterher immer noch recht rauh, konnte aber beim scheinbar ewig dauernden vorsichtigen schleifen und polieren dann zwar nicht hundertprozentig perfekt, aber doch ganz annehmbar hinbekommen werden. Der Vinylbezug entstand auch wieder in der bereits bekannten Methode. Ergänzt wurden nach der umfangreichen Verchromung nur noch ein Außenspiegel aus dem Fundus und die Auspuffblende, sowie Tür- und Kofferraumschloss mit gekürzten Stecknadeln. Die Frontscheinwerfer sind – wie damals üblich – im Frontgrill eingearbeitet. Vom zweiten Grill hab ich daher die Scheinwerfer ausgebohrt und dem Olli mitgegeben. Wenn der Grill von der Verchromung zurück ist, wird er gegen den ersten – nur eingesteckten – Grill ausgetauscht. Die recht dünne Chromschicht, für die JoHan ja bekannt ist, ist auch beim Marlin teilweise mangelhaft. So musste an den Stoßstangen und am Grill mit BMF bzw. dem Molotow Stift nachgebessert werden, besonders an den Kanten.
In der Zwischenzeit wurden im Innenraum die nur rudimentär vorhandenen Zierleisten und Kurbeln an den Seitenwänden abgeschliffen. Die imposante Seitenzierleiste wurde mit Evergreen Plastik neu aufgebaut und die Fensterkurbeln und Türöffner durch Teile aus der Grabbelkiste ersetzt bzw. wieder mit aus alten Türverkleidungen herausgetrennten erneuert. Zur Vervollständigung gab es noch einen Blinkerhebel aus einer gekürzten Stecknadel und Teppichboden aus d-c-fix.
Die Endmontage ergab dann JoHan-typisch keine weiteren Probleme. Und nach über einem Jahr Bauzeit (geschuldet den Lackierproblemen und dem damit einhergehenden Frust!) bin ich froh, dieses wirklich einmalig schöne Modell in der Vitrine stehen zu haben.
Schade, dass es vom 67´Marlin kein Modell gibt. Oder hab ich da was übersehen?
Reinhold Schmidt, Fürth
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Oliver Löbert (Sonntag, 15 November 2020 18:01)
Hallo Reinhold!
Der ist wunderschön und ein Modell das ich auch gerne in der Vitrine hätte. Auch die Farbe ist zeittypisch mit dem schwarz als Kombination absolut stimmig. Als 65er gabs ein Modell aber von einem 67er ist mir nichts bekannt ausser Resin vielleicht. Weiter so und nicht aufgeben, wir kämpfen hier alle gegen Farben, Kleber Spachtel und anderen Widrigkeiten die der Modellbau mit sich bringt. Am Ende gewinnt aber immer der Modellbauer weil wir den stärkeren Willen haben und genau deswegen gibts diese tolle Seite hier. Auch wieder mal ein Danke auch an Robert der hier Stunden verbringt und alles so schön aufbereitet und uns damit immer weiter motiviert.
Christian (Sonntag, 15 November 2020 19:13)
Schönes Auto, im Original und im Modell. Das Ergebnis ist doch perfekt und kündet nicht von den Schwierigkeiten. Die Mühen haben sich aber absolut gelohnt.
Erinnere mich, den als Kind als Corgi-Modell gehabt zu haben. Hat mich darüber hinweggetröstet, daß es den Plymouth Barracuda nicht gab, der mich als Auto das Vaters einer Volksschulfreundin sehr beeindruckt hat. Erinnert als Fastback doch ein bisserl wenigstens dran.
Na ja, den Marlin kennen wir doch als Kampfgegner in Hemingways „der alte Mann und das Meer“ und dürfte in Amerikanischen Männlichkeitsmythen eine wichtige Rolle spielen. Wundert mich daher, daß in dem Image-Insert im Prospekt links dieses Cliché nicht vorkommt.
Oliver Löbert (Montag, 16 November 2020 05:26)
Jetzt hab ich nochmal recherchiert. Das 65er Modell gab es nur als Promo. Aus dem wurde dann der 66er Promo mit leichten Retuschen und dann der 66er Kit. Als der 66er in der USA Oldie Serie in den 70ern dann wieder herauskam hatte man dann die falschen Sitzmuster verwendet aber der Rest war korrekt.
Günther (Montag, 16 November 2020 11:22)
Schönes Auto, schönes Model, selbst mir als " eingefleischtem Customiser" (lol) gefällt der
Marlin sehr gut. Ich hab selber welche, und das ist ein Auto , das ich nie customisen würde.
Manche müßen ´Stock´bleiben. Und an ein Fahrzeug, daß serienmäßig ein eingebautes
Goldfischglas hat ,in dem ein silberner Marlin rumschwimmt , darf man sowieso nur
zum restaurieren Hand anlegen. Die Mühe hat sich doch gelohnt, und so ganz ohne
Verzweiflungskniffe wäre es doch fad. Hast du schön hingekriegt und alle sind begeistert
Reinhold (Montag, 16 November 2020 12:54)
Vielen Dank für die positiven Kommentare, das tut immer wieder gut. Und auch an Robert für die - wie immer - tolle Gestaltung der Seite.
Das mit den korrekten Sitzmustern bzw. Armaturenbrettern (s. 62`er Dodge/Plymouth) bei JoHan ist ja öfter Mal so eine Sache. Aber ich kann (muss) damit leben - solange es nicht allzu weit vom Original abweicht. Schlimm ist´s nur beim 64´er und 68´er Cadillac, wo die Muster der vorderen Sitze und der Rücksitzbank unterschiedlich sind! Fällt bei den Cabrios besonders negativ auf. Dank Olli hab ich aber für den 64`er nun auch die korrekten Sitze für das noch zu bauende HT-Coupe. Das Cabrio hab ich schon vor langer Zeit gebaut und das bleibt so - damals übrigens mit den Sitzen vom 2. Marlin!
Gerhard (Dienstag, 17 November 2020 19:49)
Der Marlin gehört ohne Zweifel zu den "Sleeping Beautys" der Bausatz-Szene und fristete völlig zu Unrecht ein "Mauerblümchen-Dasein". Immerhin sieht der Kit lenkbare Vorderräder vor (wenngleich auch nur schwer zu realisieren!) und bewegt sich auch sonst in punkto Detaillierung am oberen Ende der Jo-Han-Fahnenstange.
Neben dem Promo gab es (entschuldige, Oli!) auch 1965 einen Annual-Kit vom Marlin, noch in der flachen Sachachtel, ebenso 1966, die Basis für die Wiederauflage. 1967 gab es Promos und Annuals nur noch vom Ambassador Hardtop Coupe und Convertible - schade eigentlich, denn gerade der ´67er Marlin ist mit seiner etwas gestreckteren Linie und der leichten "Coke Bottle"-Form eigentlich der attraktivste in diesem Trio.
Wir durften Reinholds Marlin ja bereits bei Olivers Treffen in Ansbach in natura erleben, und es ist schwer vorstellbar, dass es beim Bau dieses Modells so viele gravierende Probleme gab. Davon sieht man wirklich nichts mehr, im Gegenteil: Es ist eine wunderschöne, stimmige Replik geworden, die richtig Lust drauf macht, gleich selber einen Marlin-Kit herauszuziehen und damit anzufangen...
Oliver Löbert (Mittwoch, 18 November 2020 20:51)
Hmmm... ich will ja nicht widersprechen aber über das Thema 1965 Marlin habe ich mich vorher äusserst genau informiert und auch mit Jens Kriete, einem Kit und Promospezialisten darüber gesprochen. Der 1965er Marlin lief noch unter Rambler und das steht auch beim Promo auf der Heckleiste vor der Heckstossstange. Der 66er Marlin lief dann unter AMC und folgerichtig fehlt dieser Schriftzug beim Kit und beim Promo. Den einzigen Annual Kit den ich und Jens kenne ist der 66er in der grünen flachen Box mit der Nummer C-1900:149 aus dem später der USA Oldies Kit C-3666 mit falschen Sitzmustern wurde. Auch Bill Coulters Directory of Kits listet keinen 65er Kit. Es wird zwar in Paul Benders Promo und Kit Guide aus den 80er Jahren ein 65er Kit erwähnt aber es ist bekannt das dieser Guide von Fehlern wimmelt. Auch wenn ich im Internet recherchiere finde ich keinen 65er Kit, nur Promos.