1932 Gee Bee Sportster

Flying Hot-Rod

 

 

Gee-Bee Sportster von der Granville Brothers Aircraft Co. of Springfield, Massachusetts

 

Maßstab ca 1:27

In der winzigen Modellsammlung steht so manches, egal ob es fährt, schwimmt oder fliegt, wenn es nur im korrekten oder annähernd korrekten Maßstab ist.

 

Eines  Tages kam ein Päckchen an, vom Christian aus England , Inhalt: ein  uralter Flugzeugbausatz. Die Firma Life-Like hatte es in den siebziger Jahren hergestellt. Tatsächlich war es aber eine Wiederauflage von der längst verstorbenen Firma Pyro aus den frühen sechziger Jahren. Selbst die haben es nicht erfunden, sondern eine mir namentlich nicht bekannte

Bude in den fünfziger Jahren. Es war ihm auf einem Flohmarkt zugelaufen und er dachte, dass es bei mir gut aufgehoben wäre. 

Er erwischte zwei  davon und behielt die Eine natürlich selber.

Ich dachte so bei mir, wieso schickt er denn einen 1:32 er Flieger?

Passt doch bei mir überhaupt nicht in die Sammlung.

Nach dem öffnen der Schachtel, (auf dem ganzen Kit steht nirgends der Maßstab) war ich schlauer. Das Ding ist nie und  nimmer 1:32. Die Originallänge beträgt 17 Fuß 9 Inch. Das ergibt umgerechnet auf die tatsächliche Länge 1:27.

Damit kann ich leben. Noch dazu, wo es keinen direkten Bezugsvergleich zu den drum rum stehenden Autos gibt. 

Die Gee-Bee war Teil einer Dreierserie von Pyro bzw. Life- Like. Alle drei waren Thomson Trophy Racer. Die Gee-Bee gewann den Wettbewerb 1932.

Die anderen beiden waren ein Laird-Turner und die tragische Hall-Springfield Bulldog. Tragisch deshalb, weil ihr Konstukteur, Bob Hall auch die Gee-Bee konstruiert hatte. Nachdem er sich mit den Granville Brothers zerstritten hatte, baute er die Bulldog in Eigenregie.

Beide hatten als Novum einen Verstellpropeller von  der Firma Standard.

Die Bulldog konnte jedoch die Geschwindigkeit  der Gee-Bee nicht erreichen und verlor das Rennen.

 

Bob Hall war darüber so wütend, dass er sie zerlegte und das Metall auf den Schrott warf. Sie sollte niemals wieder fliegen!

 

Niemand konnte mir sagen , welchen Maßstab die Bulldog hat und so besorgte ich mir in den USA eine von Pyro und eine von Life- Like.


 

 

Die Gee-Bee ist mit 5,40 m kürzer als so manches US-Car. Die Bulldog, die etwas länger ist, misst 6,20 m.


Beim Schachtelöffnen:  Enttäuschung! Das Umrechnen ergab nicht mal 1:32. Tatsächlich ist sie 1:34. Nur für Bausatzhistoriker interessant. Ich werde beide auf jeden Fall in der Schachtel  lassen,  obwohl sie mir mit ihren Möwenflügeln und ihrem feststehenden Fahrwerk schon sehr gefällt. Im korrekten Maßstab  wär`s ein Traum.

0sDie Gee-Bee war in den frühen 30s eine Designrevolution gegenüber den damaligen Maschinen, die für den  Wettbewerb um immer höhere Geschwindigkeiten gebaut wurden.

Sie errang etliche Geschwindigkeitsrekorde, der wichtigste war der Gewinn des 1932er Thomson Trophy Rennens.

Zum Sieg geflogen wurde sie von Jimmy Dolittle, der auch im Zweiten Weltkrieg mit dem "Doolitle Raid", der Bombardierung Tokios, das eigentlich außerhalb der Reichweite der US Air Force lag, von sich reden machte.

 

Dolittle erzählte, dass das R1 Modell das "delikateste" Flugzeug gewesen sei, welches er jemals geflogen habe.

Man müsste sie mit Seidenhandschuhen fliegen und so, als würde man einen Bleistift auf der Fingerspitze balancieren.

In Cleveland übte er das Umrunden der Pylone in 1500 Metern Höhe, anstatt der üblichen 80 Meter, in der normalerweise die Rundstreckenrennen geflogen wurden.

Im Interwiew erzählte er : 

"Ich war sehr glücklich über diese Idee. Die Maschine machte zwei Fassrollen bevor ich überhaupt reagieren und die

 

Kontrolle wieder erlangen konnte. Wenn ich näher am Boden trainiert hätte, wäre ich jetzt tot".


Auch der Bau des nunmehr 46 Jahre alten Kits war "eine delikate" Übung für mich.

Los ging`s mit dem Motor, der eigentlich fehlte. In der Schachtel lag eine runde Reliefplatte bei der man mit viel Fantasie und Wohlwollen erkennen konnte, dass das wohl der Motor sein sollte. Ich wollte aber den 9-Zylinder  Pratt and Whitney 800 PS Sternmotor in der gut einsehbaren Motorhaube haben, und keinen Witz.

 

Genauso wenig wie die Erde eine Scheibe  ist, steckt in einem Flugzeug vorne keine strukturierte Scheibe drin !


Der nächste Grund,  die Box wieder zuzumachen und Brotzeit oder was anderes zu machen, z.B. Autos zu bauen, war die Kabinenverglasung? Gibt es nicht! Die war aber nicht verloren gegangen, sondern einfach nicht vorgesehen.

Außerdem waren die Kanzelverstrebungen auch noch falsch. Der Bogen um die Frontscheibe war direkt an der Strebe für die Kabinenhaube, gehört aber mit etwas Abstand dazu, mit kurzen Abstandsstreben, die natürlich auch fehlten.

Die Kabinenhaube ist nicht zu öffnen, eingestiegen wird, indem man sich durch eine quadratische Klappe auf der rechten Rumpfseite zwischen Pilotensitz und Kabinenwand hindurch nach oben quetscht. Zum Glück hatte Jimmy Dolittle die ideale Rennjockeyfigur. Die Klappe musste natürlich angefertigt werden.

 

 

Die Hauptverglasung konnte ich aus Lexan Verpackungsmaterial anfertigen.

 

Die vier kleinen Scheiben habe ich mit "Micro Christal Clear" nach dem Lackieren hergestellt.


Nachdem ich mir wegen des Wasp 9 Zylinders lange genug den Kopf zerbrochen hatte, wusste ich was zu tun war.

Ich besorgte mir eine Harley Davidson in 1:18 von Maisto, zerpflückte sie und amputierte den hinteren Zylinder des V2.

Der Doc Martens (auch bekannt auf diesen  Seiten mit seinen 1:32 Pretiosen), war so überaus freundlich und machte mir zwanzig Abgüsse vom Harley Zylinder.

Meine Überlegung war: 1:18er Moped Zylinder müssten in 1:25 brauchbare Flugmotorzylinder ergeben.

Aussehen tun beide gleich. Kühlverrippte Maßkrüge mit Stößelstanden davor. Gekrönt von Ventildeckeln wie von einer Pan-Head Harley. Zehn Stück habe ich nach England geschickt und neun davon wurden auf der oben angesprochenen  Reliefplatte plaziert. Das Prop-Getriebegehäuse hat mir der Doc auch noch aus Hartholz gedreht und mitgeliefert.

Der Motor ist vom Durchmesser her ein wenig größer als die Platte, passt aber perfekt, ohne Nacharbeit in die Motorhaube.

Also vom Motor her und wegen der ganzen Nacharbeiten würde ich zu behaupten wagen, wir haben uns hier von  1:27 ein Stück weit Richtung 1:25 bewegt.


Die Radschuhe und die Räder selber erschienen mir als zu wenig voluminös und ich habe zwischen die zweiteiligen Räder und Fahrwerkshälften 1 mm Plastikplatten eingefügt.

Die Lackierung in VW Tornadorot und Weiß ließ mich wieder um ein paar Jährchen altern. Alle Ruder sind beweglich und funktionieren, warum auch immer. 

Um dem Ganzen die Krone auf zu setzen, sind die Tragflächen mit dem Fahrwerk, dem Rumpf und wieder dem Rumpf verspannt. In die Verspannungslöcher oben auf dem Tonnenrumpf kriege ich aber niemals Spannseile rein, wenn beide Rumpfhälften zusammengeklebt und lackiert sind. Ich habe noch nie verstanden wie Buddelschiffbauer in den Flaschen hantieren und ihre Kunstwerke da drin zusammenbauen. Ich war immer der Überzeugung, die müssen Ihre Seele,

ihr wisst schon wem, verkauft haben.

Über meine Probleme hätten Sie wahrscheinlich nur milde gelächelt.

Von den Verspannungslöcher im Roten Teil vom Rumpf habe ich Röhrchen zur Motorrückseite eingeklebt und später abisolierte Kupferlitze eingezogen. Von dort geht sie durch die Tragflächen, durch die Fahrwerkschuhe und wieder in den Rumpf wo sie fixiert und gespannt wurde.

Der Ansatz der Höhenruder ist völlig falsch. Was der Konstrukteur auch vorhatte, der Übergang vom Höhenruder zum Rumpf sollte abgerundet sein, er war aber doppelt so dick und ich musste ihn abfräsen, feilen und schleifen.

In der gerippten rechten Rumpfunterseite war ein ca. 2cm langer Schlitz für den Schalter vom Elektromotor, weil bei der Pyroversion ein Riesen Elektromotor über eine Gigawelle (die noch im Kit lag) den Propeller antreiben sollte.

Den Schlitz zu schließen und dabei die Rumpfverrippung so wieder herzustellen, dass nach dem Lackieren nichts zu sehen ist, gehört bestimmt nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen.

Auch der Motorenkasten dafür war noch da, und ich habe ihn mit 17er Muttern, Blei- und Wachs gefüllt, damit die Sache etwas an Gewicht zulegt. Jetzt fühlt es sich an, als ob das Ding aus Metall wäre. Das ist die gute, alte Methode, mit der der "Mill-Papa" seine Modellautos schwerer gemacht hat. Er hat meistens den Motorblock mit Wachs und Blei ausgegossen.

Auch auf der Rumpfunterseite, vor der Motorhaube fehlte ein daumennagelgroßes Stück, das ich natürlich auch ergänzen musste.


Die uralten Abziehbilder waren natürlich auch "delikat" zu handhaben. Ich musste mit Micro-Sol, Micro-Set und Essigwasser arbeiten, um ein halbwegs brauchbares Ergebnis zu erhalten. Das ganze Modell lebt ja davon, dass alle Kennungen und Bilder darauf sind. Auch diese Fehler mussten mit Tornadorot und Seidenmattschwarz ausgebessert werden.

Klargelackt wurde sie mit Tamiya Hochglanzlack  TS 13.

Die Aerodynamikverkleidung des Spornrades war natürlich nicht dabei. Da sie aber auf den meisten Bildern vom Original zu sehen ist, habe  ich einen LKW-Tank aus dem Ersatzteilzimmer geopfert und sie aus diesem angefertigt.

Der Propellerfuß war zu lang und ich musste ihn kürzen, dafür war die Propellerblattverstellung nicht vorhanden und ich habe sie nach Fotos ergänzt.

Leider steht sie nun ohne ihre Gegner von einst, einsam zwischen den Oldtimern ihrer Zeit herum, dass wird sich auch so schnell nicht ändern, wenn sie auch Gesellschaft in Form von anderen Flugzeugoldtimern hat. z.B. eine Ford Tri-Motor und ein paar weitere Pretiosen im korrekten Maßstab.

Modell, Text und Bilder: Günther Eberhardt, München

Kommentar schreiben

Kommentare: 4
  • #1

    Christian (Montag, 05 Oktober 2020 19:13)

    Lieber Günther,
    Cooles Gerät und eine tolle Rarität, gratuliere. Das Ergebnis war die Mühe wert. Und zwischen die Autos passt sie doch. An Pyro, als man diese Bausätze noch in Spielzeuggeschäften (die es damals noch gab) kaufen konnte, erinnere ich mich. Ich habe damals den Käfer als Limousine und Strandwagen gebaut und mich schon damals geärgert, daß die 1:20(?) und nicht im richtigen Maßstab waren und die Kofferraumverblechung gefehlt hat. Aber mit 10 Jahren oder weniger korrigiert man sowas nicht. Pyro war immer seltsam.
    Ich finde, ideale (vom der Maßstabschwankung abgesehen) Ergänzung zu den Autos. Auch Steve Mc Queen hat seine letzten Jahre nicht nur von Autos und Motorrädern, sondern auch von Flugzeugen umgeben verbracht.
    Übrigens, gibt einige, die realiter Sternmotore mit Motorradzylindern bauen: https://thekneeslider.com/russell-suttons-14-cylinder-xv-radial-engine-project-moving-forward-nicely/
    Für mein FIAT 500-Bike im korrekten Maßstab habe ich die verrippten Zylinder durch Schrauben dargestellt, sieht man kaum.
    Jedenfalls eine tolle Abwechslung, Danke.
    Herzliche Grüße aus Baden bei Wien, Christian

  • #2

    rainer (Dienstag, 06 Oktober 2020 17:16)

    schon wieder ein absolutes 'Highlight' aus dieser Hexer-Werkstatt am G.O.Bogen. Wie stets sehr ausführlich und fachlich sicher fundiert. Wie eigentlich vom Meister dieser Objekte (der Begierde) nicht anders zu erwarten, abwechslungsreich zudem.
    Diesmal ging's in die Lüfte, huiii....
    Ich warte nur noch auf die Hanse-Kogge in (milder) Custom-Ausführung, die auch noch abtauchen kann (dann bitte im korrekten Mass-Stab 1:25) aber bitte !
    Mit Günther wird's nicht langweilig. SICHER !!!

  • #3

    Günther (Mittwoch, 07 Oktober 2020 16:10)

    Hanse- Kogge wirds nicht ganz werden , aber der Jolly Roger könnte es mal werden.Den gab
    es von MPC, das ist ein Hot-Rod und als Karosserie hat er ein Piraten Segelschiff. In der kleinen
    Schachtelsammlung im korrekten Maßstab liegt zufällig Einer schon länger parat.Damit`s
    nicht ganz so fad ist.
    Schöne Grüße aus dem G.O.Bogen

  • #4

    rainer (Donnerstag, 08 Oktober 2020 09:41)

    Ja, soll man's für möglich halten. Da macht man einen kuriosen, nicht gerade ernst gemeinten Vorschlag, schon hat man die Eberhardt'sche Maschinerie angeworfen.
    Lieber Günther ---- ohne Dich wär's nix.
    Schöne Grüße