Ford Q 90
"Agression"
Kompletter Eigenbau, Maßstab ca. 1:25
Wir reisen in der Zeit zurück, bis ca. Mitte der Siebziger Jahre.
Es war die Blütezeit der Supersportwagen vom Schlage eines Lamborgini Miura oder de Tomaso Mangusta oder ähnlichem , dass die Träume eines damals Zwanzigjährigen, neben der Vorliebe für Mädchen, bevölkerte.
Ein Freund von mir hatte damals eine Carrera Universal Autorennbahn, ich hatte leider keine, was ich aber später geändert habe.
Auf dem Flohmarkt habe ich mir ein paar Autos besorgt, damit ich bei den damaligen Rundenschlachten, mit eigenem Material mitmischen konnte.
Carerra Universal bedeutet: Maßstab 1:32.
Carerra 124 war nicht so verbreitet, die beliebteste war "Universal".
Ich hätte mir damals gerne meinen eigenen "Supersportwagen" für die Rennen gebaut.
Meine zweite Leidenschaft, neben den Autos, hatte bei sich zu Hause eine kleine ovale Plastikbox herumliegen gefüllt mit einem winzigen BH. Die Box überließ sie mir bereitwillig, den BH zog sie selber an. Oder auch mal aus.
Ich entdeckte auch die Möglichkeiten die im Superkleber "Stabilit Express" steckten. Damals gab es noch große Tuben davon.
Aus der BH Schachtel, einer Großtube "Stabilit", zwei "Grätings" aus einem Motorbootspielzeug und dem durchsichtigen Ständer einer 1:72 He 219 von Lindberg als Bubbeltop, entstand mein persönlich entworfener Supersportwagen in 1:32.
Die ganze Kreation wurde auf ein Carrera Porsche 908 Chassies geschraubt und ab ging die Lucy.
Der Porsche 908 war zu der damaligen Zeit, der "Volkswagen" von Carrera.
Nach vielen Rennen hatte das Ding natürlich etliche Kampfspuren und Blessuren, unter anderem einen Sprung quer über das Bubbeltop.
Aus die Maus !
Es war mir aber irgenwie zu Schade zum Wegwerfen. so siechte die mittlerweile leere Karosserie in einer Ecke des Bastelzimmers vor sich hin.
Teil II : Resurrection
Eines Tages entdeckte der Christian anlässlich eines Besuches bei mir, den Leichnam in seiner Gruft:" Was ist denn das? den solltest du als Modell wiederbeleben."
Das Bubbeltop gibt´s nicht für "Geld und gute Worte" und außerdem ist der viel zu klein, weil 1 : 32.
Dann musst ihn halt verlängern und verbreitern. In den USA gibt es einen, der bringt alle zwei Monate ein Heft heraus mit Annoncen von alten Kits. Motto: Was er nicht auftreibt, hat es nie gegeben.
Das Heftchen hieß: "Kit Collector ClearingHouse". Ich habe es für ein Jahr abonniert.
Man muss wissen, der Bubbeltopständer von der Heinkel He 219 ist größer und durchsichtig, die von den Einmotorigen Flugzeugen sehen genau so aus, sind aber kleiner und aus grünem Polystyrol.
Schon im ersten Heft war eine annonciert und ich habe den Besitzer angeschrieben. Dem Schreiben habe ich 10$ beigelegt und ihm mitgeteilt, eigentlich brauche ich nur den Ständer ohne Flugzeug. Kurz darauf kam ein Päckchen mit dem Bubble und 6$ . Er wünsche mir viel Spaß damit, 4$ hätten für Porto und Ständer gereicht.
Ich schließe den Mann noch heute in mein Nachtgebet ein.
Irgendwann Ende der Achtziger Jahre ging es los:
Ein Chassis musste her. Ich kam auf den damals hochaktuellen Pontiac Fiero von MPC , weil der Heckantrieb hat.
Den Motor spendete eine 289 Cobra von AMT, welcher an das Fiero Getriebe angeflanscht wurde. Deshalb sitzt er quer. Der Fiero hat "nur " einen V 6, und sowas geht gar nicht.
Acht Töpfe müssen es schon sein.
Der Kühler samt Ventilator sitzt vor dem rechten Hinterrad im voluminösen Ansaugschacht.
Die Acht Auspuffrohre sind selbst gebogen, enden in einem quer eingebauten Topf mit vier Endrohren. Die Rücklichter sind LKW Dachlampen, die auf dem Tank sitzen. Die Heckstoßstange wurde aus zwei 57er Chevy Stoßstangen kreiert.
Heckblech gibt es keines, da der Porsche 917 auch keines hat.
Wenn der keines braucht kann ich meines auch weglassen, dachte ich mir so im Stillen.
Der Body wurde nach hinten verlängert und bekam eine zu öffnende Motorhaube mit Heckspoiler und eine gläserne Lamellen Ansaughutze à la Ferrari unter der die Hilborn Injection von einem 55er Chevy von AMT rauslugt.
Die Fenderblades wuchsen in die Breite und so kam das Ganze allmählich in den 1:25 Bereich.
Das Bubbeltop hat einen tricky Aufklappmechanismus um es in der " Open" Position zu arretieren. Ich habe es teilweise mit BMF überzogen.
Die Räder sind meine Lieblinge von Fujimi , mehrteilige Speichenwalzen, diesmal in Gold Nr. 13 .
Lackiert wurde mit BMW Perlmutt auf Weiß. Als mir mal langweilig war, habe ich ihm ein freihändiges blaues Pinstriping verpasst.
Mit dem Glasdach hat es was insektenhaftes.
Ich finde, es kann in der Showcar Vitrine mit dem ganzen anderen Zeug, dass da rumsteht, ganz gut mithalten, immerhin ist das Grundkonzept stolze 45 Jahre alt und die Wiederauferstehung auch schon 30 Jährchen her.
Modell, Text und Bilder: Günther Eberhardt, München
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rainer (Donnerstag, 10 September 2020 16:06)
Ja, bist Du gelähmt ??
Wieder ein Knaller vom Alles- Könner, Macher, Wisser, oder was weiß ich sonst noch.
Günthers Repertoire scheint unerschöpflich (auch unergründlich?).
Auf jeden Fall: Danke für diesen herrlichen Beitrag.
Christian (Montag, 14 September 2020 21:13)
Lieber Günther!
Du hast Tom Daniel mit Deinen Kreationen nicht nur Konkurrenz gemacht, sondern schon übertroffen. Carrosserien aus Verpackungen sind schon cooles Upcycling. Habe ja mit meinem Rasiererverpackungs-Bubbletop Ähnliches gemacht. Aber allein schon die delikate Herkunft des Ausgangsmaterials Deines Supercars ist ja viel edler.
Frage mich schon länger, was für eine Verpackung eine Carosserie Für einen Saltlake-Streamliners hergäbe? Die von Zahnbürsten haben sich bisher nicht als ergiebig erwiesen.
Super Auto, gratuliere. Mach‘ weiter so, aber welche Höhenflüge sind darüber hinaus noch denkbar?
Herzliche Grüße, Christian