The Carthedral

1966 Cadillac Ambulance Umbau

 

The Carthedral

 

Jo-Han, Maßstab 1:25

Es gibt Pläne, die fasst man ganz spontan beim ziellosen Surfen im Internet - und nach genauerem Nachdenken dauert es doch etwas länger, bis man den Mut zusammen bringt, um das Projekt wirklich in Angriff zu nehmen.

Hier waren es deutlich mehr als 10 Jahre.

Das Material dazu hatte ich längst beisammen - dank Ebay manches sogar doppelt.

Das Baumaterial

 

Das waren insbesondere:

(1) Ein Johan-Bausatz von einem 1966er Cadillac Ambulance. Der Bestattungswagen gleichen Baujahrs vom gleichen Hersteller wäre zwar noch näher am Original gewesen, aber der wird nicht oder nur (zu) teuer angeboten. Meiner war zwar nicht allzu teuer, aber zum Ausgleich fehlte wichtige Teile, wie zum Beispiel die komplette Bodengruppe. Da musste ich mir eben selbst helfen.

Ob ein Caddy von 1971 - wie das Baujahr des Original-Fahrzeugs - in 1:25 überhaupt existiert, ist mir nicht bekannt. Falls doch, wird es noch seltener angeboten als der Johan Bestattungswagen. So oder so, der 1966er gibt meines Erachtens den Charakter des originalen Fahrzeugs auch ganz gut wieder.

(2) Ein 1959 Cadillac Ambulance "Ghost Busters" (AMT) Auch den habe ich als Fragment gekauft; Zwar war das Goastbuster-Equipment noch komplett vorhanden, aber ich brauchte nur die hinteren Kotflügel einaschließlich der Chromteile, aber die fehlten wie die Heckflossen völlig. Auch hier musste ich mir mit Eigenbauten helfen.

Der nicht gebrauchte Rest der Karosserie wurde Teil eines anderen Großprojekts, das wahrscheinlich bis zum Baubeginn noch einige Jahre "reifen" muss.

(3) Die Karosserie eines VW Käfer - keine Ahnung welchen Baujahrs.

Die Käfer-Karosse entstammt einem uralten Bausatz aus Japan. Der hatte sich nach dem Kauf als derart missglückt erwiesen (der Bausatz, nicht meine Bastelkünste!), dass ich alles außer der Karosse entsorgt habe. Die hat mir jahrelang als Testplastik für Farb-Experimente gedient, bis sie dann doch Teil eines Modells werden durfte. Bei diesem Projekt kam es auf eine feine Detailierung nicht so sehr an - sie würden ohnehin unter einer dicken Farbschicht verschwinden.

Das Originalfahrzeug

 

RICHTIG, im völligen Gegensatz zu den meisten Modellen aus meiner Werkstatt gibt es diesmal tatsächlich ein konkretes Fahrzeug als Vorbild!

Anders formuliert: Ein Fahrzeug dieser Art und dieses Namens existiert wirklich!

Es wurde in den Jahren 1999 - 2000 von einer jungen Frau namens Rebecca Caldwell gebaut. Als Basisfahrzeug diente ein Cadillac Bestattungswagen mit der Karosserie eines VW Käfer auf dem Dach.

Seit 2006 steht der Wagen im Art Car World Museum in Douglas, Arizona.

Bilder vom Originalfahrzeug kann ich aus Copyright-Gründen hier leider keine bieten; Versuche, mit Rebecca Kontakt aufzunehmen, liefen ins Leere. Daher sei für Bilder vom Original auf die Google-Bildersuche verwiesen. Mit den drei Stichworten "carthedral". "1971" und "Cadillac" wird man z.Z (August 2018) fündig. Sogar ein Youtube-Video gibt es (genau eines!).

Sicher werden Sie einige Unterschiede zwischen Modell und Vorbild finden - ich habe dem eben auch meinen eigenen Stempel aufgedrückt. Sorry, aber das musste sein! 

Baubeginn

 

Als erstes wurden wie beim Original die hinteren Kotflügel des 1966 Ambulance gegen die des 1959 Caddy ausgetauscht. Dann musste der Platz für die Käfer-Karosserie auf dem Dach genau festgelegt werden. Mit Hilfe einiger Stücke Evergreen-Profil gelang das problemlos.

Der Aufbau - das Grundgerüst

 

Der Dachaufbau entstand also - ebenfalls originalgetreu - aus einer an Heck und Front gekürzten Käfer-Karosserie plus einiger Zusätze, um ein Gebilde entstehen zu lassen, das mit etwas Phantasie an eine gotische Kathetrale (jetzt ohne zusätzliches "r") erinnert. 


Die Bodengruppe

 

... fehlte ja komplett bei dem Bausatz-Fragment. Also war Eigenbau gefragt. Das Ergebnis ist garantiert nicht originalgetreu, dafür aber zweckmäßig. Das Teil wird zwar gebraucht, aber sehen wird es kaum jemand. 

Zum Bau verwendete ich Teile defekter CD-Hüllen und für die Konturen und zur Verstärkung einige Stücke Evergreen-Profil.

Wie man auf dem Photo sehen kann, taugten die CD-Hüllen sogar für die (ebenfalls fehlenden) Tailfins auf den 1959er Kotflügeln.

Das Gebilde links neben der Bodengruppe wird mal die Vorderachse werden - lenkbar, wie im Johan-Bausatz! 

Der Aufbau - mehr Details

 

Die Kathedrale hat jetzt einen Turm und - anders als das Original - ein deutlich herausgearbeitetes Querschiff (Ich hoffe, ich habe die Fachsprache der Baustilkundler leidlich getroffen) 

Das kleine schwarze Etwas auf der rechten Seite ist eine Preiser-Figur, die ich für dieses Projekt echt passend gefunden habe ...***inmichhineingrins***


Die zahlreichen Drahtbögen an den Spitzen des Aufbaus sind in der Realität geflochtene Gebilde - Peitschen nicht unähnlich - die durch Teer oder vergleichbares ursprünglich senkrecht nach oben ragten - zumindest bis der Teer in der Hitze der Wüste Nevadas zu heiß geworden ist. Seitdem hängen sie ähnlich wie dargestellt im Bogen nach unten

Irgendwo im WWW stand das mal nachzulesen. Wiedergefunden habe ich es allerdings nicht.

Heckfenster

 

Das Fenster im Heck des Aufbaus sollte logischerweise zu großen Teilen durchsichtig bleiben. Dementsprechend wurde es aus einem großen Stück CD-Hülle zurechtgesägt. Die Strukturen darauf entstanden aus Abfallstücken - so zum Beispiel aus Teilen von Kaffee-Umrührern, wie sie an Schnellimbiß-Ständen ausgegeben werden. Passt hier bestens! In der Mitte der Ansatz für den Sockel der oben erwähnten Preiser-Figur.

Detailarbeit am Aufbau

 

 

 

 

Noch gab es viel zu tun! 


Die runden silbern glänzenden Dinger mit den dunklen Perlen rundum sollten eigentlich an den Ohren einer weiblichen Schönheit baumeln. Ob sich die Verkäuferin gefragt hat, was so'n alter Knabe mit so jugendlichem Modeschmuck will, kann ich nicht sagen - gesagt hat sie jedenfalls nichts. Diskretion eben!



Nach diesem kleinen Rundgang um den Rohbau geht es jetzt mehr um innere Werte, nämlich um ...

Die Beleuchtung 

 

 

 

Auf die Inneneinrichtung hinter der vorderen Sitzreihe wurde verzichtet - sie wäre ohnehin kaum sichtbar gewesen. Stattdessen kam ein selbst zusammengeschustertes Batteriefach mit Schalter zum Einsatz.


Die Glühbirnchen (ja, noch altertümliche Glühbirnen, wie sie in den 70er/80er Jahren dem einen oder anderen Bausatz beilagen (kann sein Tamiya?). Insgesamt kommen drei davon zum Einsatz - zwei, die das Innere der Käfer-Karosse beleuchten und die dritte zeigt nach unten (Man sieht die Kabelenden).

Ein paar davon habe ich immer noch in der Krabbelkiste.

 

 

 

Das dritte Bild in diesem Kapitel zeigt die Käfer-Karosse von unten kurz vor dem Zusammenbau. Mit den drei langen Gießästen aus Clear Plastik wird das Licht in die Lampen am Heck geleitet.


Die Lackierung erfolgte in mehreren Schichten seidenmatt schwarz (Revell). Wie auf Originalphotos zu sehen ist, wurde die Carthedral im Maßstab 1:1 wohl mit recht dickflüssiger Farbe dick zugekleistert. Vermutlich kam Bitumen, Teer oder ähnliches zum Einsatz.

Die Strukturen auf den ursprünglich glatten Oberflächen entstanden ...

- ... durch Überstreichen der getrockneten Farbe mit einer agressiven Verdünnung. Die Struktur auf dem Dach ist damit innerhalb von Sekunden entstanden.

- ... durch Aufkleben von Abrieb, wie er beim Sägen, Schleifen und Schneiden halt so entsteht. Einfach aufgeklebt und nochmals mit Kleber geflutet, so dass gar zu aufragede Strukturen in sich zusammensinken. Ein eher zufälliges Ergebnis, aber genau so sollte es sein.

- ... durch Aufkleben von Haaren, Hausstaub und was sich sonst so in Ecken sammelt, wenn nicht jeden Tag der Staubsauger durch geht. Auch hier besser nicht mit Klebstoff sparen! Nur musste hier gar zu weit Abstehendes mit einer Nagelschere abgeschnitten werden. 

Vor dem Zusammenbau 

Jetzt kommt nochmal viel Kleber zum Einsatz. Nach dem Trocknen mussten die Klebstellen nochmal mit Seidenmatt schwarz nachgemalt werden. 

Fertig

 

Zum Abschluss des Ganzen erfolgte mit einem dicken Pinsel noch ein leichtes Washing mit stark verdünntem Hellgrau, um eine bessere Kontrastierung zu erreichen. Nebenbei: Auch das entspricht dem Original - vom Wüstenstaub beim Burning Man-Festival bedeckt wirkte das Auto noch viel grauer als mein Modell! (Tipp: googeln Sie nach "Burning Man"; ist auch auf Youtube ergiebig)


Was da unter der vorderen Haube des Käfers und unter dem tempelartigen Gebilde davor alles "rumliegt", ist mehr oder wendiger Krimskrams, wie Totenschädel (in 1:35), eine OrkFigur (in 1:72) und allerlei mehr. Allerdings - Zugang zu mehreren Dutzend maßstäblich verkleinerten Gipsabdrücken menschlicher Gebisse konnte ich nicht auftreiben - genau solche hat die Erbauerin des Originals von einem ehemaligen Zahnarzt erhalten und auf ihrem Wagen befestigt! 


At Night

 

Wenn schon mit Beleuchtungseinrichtung, dann muss sie auch mal zum Einsatz kommen.


Na ja - anders als in einer Kathedrale aus Stein werden darin vermutlich keine Gottesdienste abgehalten! 

Text, Photos und Modell: HotRodMike (Michael D.)

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Günther (Sonntag, 22 Dezember 2019 18:41)

    The Carthedral ein aus dem Leben gegriffener Wahnsinn. Mehr Gothik geht nicht.
    Wenn man die Bilder zu lange anschaut bilden sich automatisch schwarze Augenringe!
    Das wäre das richtige Fahrzeug für die Addams Family gewesen.
    Mike das Ding aus einer anderen Welt scheint zu leben.Fehlt nur noch der Soundgenerator
    mit Wolfsgeheul.

  • #2

    ChV (Sonntag, 22 Dezember 2019 19:16)

    Steiles Ding, super, einmal was ganz anderes.
    Apropos Art-Cars, sollten wir vielleicht eines derAutos von Sonia Delaunay nachbauen? (http://justacarguy.blogspot.com/2016/01/a-couple-cars-from-20s-with-fashion.html). Leider durfte der Bugatti-Besitzer, der seinen 37 nach ihrem Entwurf lackierte, das Design nur wenige Jahre in diesem Design lassen. Da war den Erben das Urheberrecht wohl wichtiger als die Reverenz an die Künstlerin, die das Ding nie im Original gesehen hat. Jetzt kann man d3n Entwurf teuer als Modellauto kaufen (https://www.classicdriver.com/de/collectible/a-18-scale-model-sonia-delaunay-decorated-bugatti-type-35-p-fontenelle)...
    Das Schöne an unserem Hobby ist jedenfalls gewisse Freiheit, alles Mögliche für doch relativ leistbaren Aufwand zu kreieren.
    Gratulation und Danke für die Anregung, wieder weiterzudenken.
    Herzliche Grüße, Christian