1958 Ford Thunderbird

1958 Ford Thunderbird

 

Ein Kit für alle Fälle

 

Monogram, Maßstab 1:24  

Manche Dinge werden im Laufe der Jahre so selbstverständlich, dass man sie kaum mehr wahrnimmt. Bei den US Car-Bausätzen trifft das unter anderem auf den 1958er Ford Thunderbird von Monogram zu, den es bereits seit 1964 in den unterschiedlichsten Versionen gibt.

 

Ford Thunderbird 1958: Vom „Two-Seater“ zum „Square Bird“

Der 1955 präsentierte „Thunderbird“ war als Zweisitzer die Antwort von Ford auf Chevrolets „Corvette“, die 1953 erschienen war. Während sich die Corvette eher an den damals in den USA äußerst erfolgreichen englischen Sportwagen wie dem MG A oder dem Austin Healey orientierte, geriet der Thunderbird vom Start weg deutlich leistungsfähiger, komfortabler und mit viel Chrom, kleinen Heckflossen und 1956 sogar einem „Continental-Kit“ insgesamt mehr dem herrschenden Zeitgeist angepasst. Seine Konzeption als Zweisitzer wurde aber nur bis 1957 beibehalten, nachdem von Ford in Auftrag gegebene Marktstudien ergaben, dass die Mehrheit der Kunden auch in dieser Klasse ein viersitziges Fahrzeug bevorzugen würde.

 

 

Das abgebildete goldfarbene Modell ist ebenfalls von Monogram in 1:24

 


So erschien zum Modelljahr 1958 der wegen seines kantigen Designs „Squarebird“ genannte, neue Thunderbird als 2+2-sitziges Hardtop Coupe und Cabriolet. Das neue Modell fand auf Anhieb fast doppelt soviele Käufer als der letzte Zweitürer: Wurden 1957 noch 21.380 T-Birds produziert, ließen sich 1958 bereits 35.758 Exemplare verkaufen. Mit geringen Änderungen an Front und Heck sowie bei der Gestaltung der seitlichen Dekorationen wurde der Squarebird bis 1960 gebaut und in seinem letzten Jahr 78.447 mal verkauft.

 

Eine echte Erfolgsgeschichte, die besonders im Zusammenhang mit einem anderen, zeitgleich ablaufenden Misserfolg interessant wird: Ebenfalls aufgrund eingehender Marktstudien entschloss sich Ford, zum Modelljahr 1958 den „Edsel“ als eigene Marke zwischen den normalen Fords und Mercury zu etablieren. Im Gegensatz zum Squarebird ging diese Entscheidung, hauptsächlich aufgrund des umstrittenen Designs, völlig am Markt vorbei und geriet so zu einem der größten Flops der Automobilgeschichte – wie (zeit)nah doch Erfolg und Misserfolg beieinander liegen können!


Der ´58er Ford Thunderbird von Monogram im Maßstab 1:24

 

Vorweg sei gleich auf das größte Manko dieses eigentlich wunderschönen Kits hingewiesen: Das fertig gebaute Modell im Maßstab 1:24 wirkt in einer überwiegend durch Revell, AMT, MPC und Jo-Han geprägten 1:25er Sammlung wie Gulliver inmitten der Liliputaner. Dieser eklatante Größenunterschied ist auf der Abbildung mit dem metallic-blauen AMT-Annual des ´59er T-Bird in 1:25 deutlich zu erkennen.

Andererseits gibt es mit Ausnahme des originalen, top-seltenen und meist gnadenlos verzogenen sowie schweineteuren AMT-Friction-Promos kein weiteres Modell des ersten Squarebirds, sieht man vom ebenfalls sehr kostspieligen und zu großen Danbury Mint-Fertigmodell (auch 1:24) einmal ab. Haken wir also mangels brauchbarer Alternativen das leidige Größen-Thema ab und widmen uns lieber den unbestreitbaren Qualitäten dieses äußerst vielseitigen Bausatzes. 


1964

 

Die Erstauflage des ´58er T-Birds von Monogram erschien 1964 in einer flachen, ungemein attraktiv gestalteten Schachtel (siehe Abbildung). Es war beileibe kein Zufall, dass dieses Modell neben der zu öffnenden Motorhaube auch bewegliche Türen aufwies, hatten doch die Hauptkonkurrenten Revell und AMT dieses Gimmick bereits 1963 beim ´57er Chevrolet Bel Air (Revell, 1:25, einschließlich eines beweglichen Kofferraumdeckels) und beim 1957er Ford Fairlane (AMT, 1:25) eingeführt. Wer alle drei Modelle bereits gebaut hat, wird dabei festgestellt haben, dass sich die Monogram-Türen im Vergleich zu denen von Revell und AMT erfreulich passgenau und stabil einbauen lassen (siehe Abbildung).


Die Einzelteile der T-Bird-Erstauflage waren in schwarzem Polystyrol gefertigt, dank Monograms speziellem Material und einer ausgeklügelten Fertigungstechnik äußerst präzise und mit einer glatten, glänzenden Oberfläche ohne Flussspuren. Diese Qualität sollte sehr jungen und eiligen Modellbauern das mühsame Lackieren ersparen und war bis in die ´80er Jahre hinein neben der stets guten Passgenauigkeit und der maximalen Detaillierung bei minimaler Teilezahl eines der Alleinstellungsmerkmale aller Monogram-Bausätze.

Dem Zeitgeist der ´60er Jahre entsprechend, präsentierte sich der ´58er Thunderbird als „Four-Way Customizing Kit“, der als Stock Hardtop oder Convertible sowie als „Mild“- oder „Extreme“-Custom entstehen konnte, letzterer mit völlig neuer Front- und Heckgestaltung sowie einem „Futuristic Bubble Top“ (siehe Abbildungen). Für die Custom Parts des „Exciting Thunderbird“ zeichnete kein Geringerer als Darryl Starbird, neben George Barris und Ed „Big Daddy“ Roth einer der amerikanischen CustomPäpste jener Jahre, verantwortlich (siehe Abbildung).


1974

 

Das Jahr 1974 brachte eine Wiederauflage des „´58 T-Bird“ in der berühmten „Special Interest Series“, die in der legendären „Stripe-Box“ („Streifen-Schachtel) erschien. So sparsam wie die Bezeichnung war mittlerweile auch die Ausstattung des Bausatzes: Nachdem der ganz große Customizing Boom der ´60er Jahre nachgelassen hatte, enthielt diese Wiederauflage nur mehr die Teile zum Bau einer Stock-Version als Hardtop Coupe oder Convertible. 

 

 

Diesmal waren die Bauteile in Rot gespritzt (siehe Abbildung), was eine Lackierung nicht unbedingt vereinfachte.


Der hier gezeigte, grüne Thunderbird entstand aus diesem Kit gegen Ende der ´70er Jahre und wurde mit den damals zur Verfügung stehenden Mitteln gebaut: Autolack aus der Sprühdose, Silberfarbe für die Schriftzüge, Embleme und die Zierleisten an der Karosserie. Es spricht für die Qualität der damaligen Monogram-Bausätze, dass dieses Modell nach nunmehr 40 Jahren in wechselnden Vitrinen noch immer über glänzende Chromteile, klare Scheiben und stabile Radaufhängungen verfügt.



1989

 

1987 kam im Verleih der Columbia Pictures der Blockbuster „La Bamba“ in die Kinos. Er zeichnete das kurze Leben des Rock´n Roll-Stars Richie Valens nach, der 1959, auf der Höhe seines Ruhms, zusammen mit Buddy Holly und Big Bopper bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam. In diesem Film spielte – neben vielen anderen zeitgenössischen US Cars – ein türkisfarbener ´58er Thunderbird eine nicht unbedeutende Rolle, den sich Richie Valens nach seinen ersten großen Erfolgen gekauft hatte.

 

 

Die Wiederauflage des „La Bamba“-Squarebirds erschien 1989 und lief wie beispielsweise auch der „ZZ-Top Eliminator“ unter der Bezeichnung „Rockin´ Rods“. Wie schon 1974 enthielt der Kit keinerlei Customteile mehr, war aber in bester Monogram-Tradition bereits in Türkis vorgefertigt (siehe Abbildung). 


Kleine Ungereimtheit am Rande: Ein Bild auf dem Seitenteil der Schachtel zeigt den Thunderbird mit Hardtop, im vorliegenden Bausatz ist es aber nicht enthalten – Sammlerpech oder Vorspiegelung falscher Tatsachen?


1997

 

Ebenfalls in den ´80er Jahren erschien ein weiterer Film, in dem der ´58er Thunderbird mitwirkte: In dem Streifen „Elvira, Mistress of the Dark“ spielte er die zweifelhafte Rolle des „Macabre Mobiles“. Dafür musste sich der altgediente Monogram-Bausatz einschneidenden Änderungen unterwerfen. So erhielt das „Macabre Mobile“ ein verchromtes Kettenlenkrad, Licence Plates mit StacheldrahtUmrahmung, einen Spinnweben-Kühlergrill und Totenkopf-Radkappen (siehe Abbildung), außerdem lagen Decals für die Leopardenhaut, mit der das Interieur des Originals ausgeschlagen war, bei. 


Der Bausatz wurde anfangs ohne, später dann mit einer sehr schönen, handbemalten Figur von „Elvira“ verkauft (siehe Abbildung). Die Bauteile waren schwarz gespritzt, das Hardtop – obwohl es auch hier auf einem Seitenteil abgebildet ist – sucht man indes ein weiteres Mal vergebens. Wer die verchromten Plastik-Customteile des Kits für zu grobschlächtig hält, kann mittlerweile den Kühlergrill und andere Elvira-spezifische Kleinteile durch Fotoätzteile aus dem Zubehör ersetzen. Speziell die „Macabre Mobile“-Bausätze mit der Figur dürften von allen 1958er Thunderbird-Kits in der Zukunft den besten Sammlerwert repräsentieren.


2002/2011

 

„Back to the Roots“ heißt die Devise bei den beiden bislang letzten Wiederauflagen des „´58 Ford Thunderbird Convertibles 2 ´n 1“ in den Jahren 2002 und 2011. Hier finden sich alle Bauteile der Erstauflage - einschließlich Hard- und Bubble-Top! – wieder, gespritzt diesmal in neutralem Weiß. So füllen immerhin 151 Bauteile die Schachtel, deren moderne (einfallslose?) Gestaltung den Charme der Erstauflage allerdings völlig vermissen lässt (siehe Abbildungen). Ein großer Decalbogen enthält außerdem zeitgenössische „Scalloops“, so dass sich der Modellbauer uneingeschränkt dem „SixtiesFeeling“ hingeben kann.



Soweit die Geschichte eines der dienstältesten Bausätze in der Geschichte des Automodellbaus, die jedoch keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Zu unergründlich und nicht mehr in allen Einzelheiten nachvollziehbar war die Geschäftspolitik der Kit-Hersteller vor allem in den „wilden“ 60er Jahren, als dass sich heute noch jede einzelne Version jedes einzelnen Bausatzes nachvollziehen ließe. Manche Kits und deren Wiederauflagen waren nur ganz kurze Zeit auf dem Markt, viele wurden gar nicht erst nach Deutschland eingeführt, so dass jede Bestandsaufnahme zwangsläufig größere Lücken aufweisen muss.

So bleibt zum Schluss nur noch zu klären, aus welchem Stall der kleine, blau-weiße Thunderbird neben dem großen, grünen stammt (siehe Abbildungen)? Dabei handelt es sich um das 1960er Thunderbird Hardtop von „Aurora“, einem nie wieder aufgelegten Curbside-Kit dieses längst verblichenen Herstellers, der damals noch ohne Chromteile und mit Plastikrädern erschien. Aurora? 1:32? Ja, genau, aber das ist wieder eine ganz andere Geschichte…!


Text und Bilder: Gerhard Hoffmann, Bachmehring

Bau des grünen ´58er T-Birds von Monogram: Rainer Mill, Görlitz

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Kommentare: 5
  • #1

    Reinhold (Dienstag, 04 September 2018 10:45)

    Habe auch 2 mal den 58´T-Bird zuhause: einmal in einer auch ziemlich einfallslosen Schachtel aus den 80´igern - der Bausatz ist hier in einem hellen Grün abgebildet und der noch ungebaute Kit in der gleichen Farbe - mit (allerdings verzogenem) Hardtop.
    Und dann noch den bereits Anfang der 90´iger gebauten ersten "Elvira" 58 - T-Bird (laut Schachtel C 1988). Allerdings ohne Decals für die Sitze und auch ohne Elvira Figur, dafür aber mit Hardtop -alles in schwarz. Hintergrundinfo für Hardcore-Filmfans: "Elvira - Mistress of the Dark" fährt im Film einen 59´Bird. Die Nummernschilder sind ebenfalls falsch, statt "ELVIRA" müsste es "KICKASS" heißen und die Figur am Armaturenbrett, sowie die Totenkopfnieten im Innenraum fehlen ebenso. Aber der Bausatz ließ sich, im Gegensatz zu manchen modernen Kreationen mühelos zusammen bauen. Die an der geöffneten Fahrertür lehnende "Elvira" entstand dann mit dem Bau des T-Birds aus einer Resinfigur, in den damals seltsamen Proportionen groß und (zu) schlank mit extremen "Vorbau" - obwohl das ja wiederum zur Elvira (Cassandra Peterson) passen würde. Den Namen des Resinherstellers weiß ich allerdings nicht mehr.

  • #2

    Günther (Freitag, 14 September 2018 16:19)

    Die Figur von der "Vorbau Elvira" stammt meines lückenhaften Erinnerungsvermögens nach von Flintstone Produktion. Für die Totenkopfnieten hab ich mir extra in einem Fantasie-Rollenspiele-Laden ein kleines Skelett gekauft, um von seinem "Gesicht" Abgüsse zu ziehen!
    Ansonsten ist der Squarebird Erguss wieder pure Guru vom Allerfeinsten !!!

  • #3

    Günther (Samstag, 15 September 2018 14:03)

    Korriegierende Erinnerungsergänzungen
    Die "Vorbau Elvira" ist tatsächlich von Jimmy Flintstone Production und nicht aus Resin sondern
    noch aus seiner Weißmetallzeit .Liegt noch immer in der ersten "Macabre Mobil" Ausführung mit
    Hardtop, welches ja bei der Zweitauflage mit der schöneren Elvira aus Resin fehlt!
    Noch eine verschärfungsergänzung:Von der Münchener Firma MBM Modell Bau Mürau (www.mbm-munich.com) gibt es einen Ätzteile Bogen mit den ganzen heißen Details wie Stacheldraht, Spinnennetz usw. alle auch noch so winzigen Details um das Macabre Mobil
    zu perfektionieren.
    Von der Amerikanischen Firma ´Screaming`gab`s die Elvira als zweiteilige VinylFigur als Bausatz im Maßstab 1:8 .Aus irgend einem mir nicht mehr erinnerlichen, wahrscheinlich trifftigen Grund, liegen bei mir zwei dieser Kit`s rum und nehmen Platz weg. Wer eine davon haben will kann sich vertrauensvoll an mich wenden und ich denke, daß wir uns dann schon einigen werden um die Zwillingsschwester in gute Hände zu überführen.

  • #4

    Reinhold (Montag, 17 September 2018 08:50)

    Danke für die INFO, Günther. Aber "meine" Elvira ist tatsächlich aus Resin. Kann mich nämlich noch gut dran erinnern, welche Schwierigkeiten bzgl. das Aufstellen der Figur nach Absägen/Abschleifen des Riesensockels unter den Füßen auftraten. Daher lehnt sie ja auch an der geöffneten Fahrertür. Ergänzt hab ich bei ihr nur noch den Dolch an ihrem Gürtel.

  • #5

    Günther (Montag, 17 September 2018 12:39)

    Flintstone hat irgendwann von Weißmetell auf Resin umgestellt. Möglich dass Du eine von einer späteren Charge erwischt hast. Der Dolch fehlt bei meiner auch.