Ein Amerikaner in Paris

1955 GM-Werbeanzeigen-Diorama

 

Ein Amerikaner in Paris

 

R&R Resin, Maßstab 1:25

Glänzender Lack und blinkender Chrom, weltberühmte Schauspieler und strahlende Schönheiten, Beleuchter und Kameramänner, künstliche Requisiten und Komparsen, aufgeregte Aufnahmeleiter und gestresste Assistenten.

Wer jetzt glaubt, wir sind hier in Hollywoods MGM- oder Universal Filmstudios – naja, fast richtig!

Wir befinden uns in den GM-Fotostudios der 50er Jahre.

Damals, in der Blütezeit der amerikanischen Autoindustrie, wurde ein unglaublicher Werbeaufwand betrieben, um die aktuellen Modelle dem amerikanischen Volk schmackhaft zu machen. In zahllosen quietschbunten und heillos übertriebenen Verkaufsprospekten, in oft mehrseitigen Zeitschriften-Werbeanzeigen, Händlerphotos und Filmen für Fernsehen und Kino wurden die neuesten Kreationen angepriesen. Und gerade für die Werbeanzeigen und -Filme wurden sehr oft aktuelle Hollywood-Stars und Fotomodelle angeheuert, die ihre Gesichter in die Kameras hielten und in den höchsten Tönen von dem gerade beworbenen Auto schwärmten.


Bis ca. Mitte der 50er Jahre wurden die Werbeanzeigen fast ausschließlich gezeichnet, dann ist man so langsam auf Fotografien umgestiegen, um die Autos realistischer zeigen zu können. Die einzige Ausnahme war die Marke Pontiac, die ihre Fahrzeuge bis in die 70er Jahre in herrlichen Bildern malen ließen – diese Zeichnungen sind heute bereits Kult!

Die Werbung der Marke Cadillac hat sich damals schon etwas von der der anderen Marken abgehoben: Sehr stilvoll, sehr elegant, sehr mondän und etwas dekadent, vor allem aber sehr teuer. Man wollte damit signalisieren, dass die Cadillacs nur für die Oberschicht gedacht waren. Wer Cadillac fuhr, der war wer!

Oft wurden die Aufnahmen vor berühmten Hotels gemacht, die dann somit auch gleich Werbung machen konnten. Oder die Aufnahmen wurden in den firmeneigenen Fotostudios gemacht, was wesentlich billiger war. Hier wurde mit künstlichen Kulissen versucht, Szenen nachzustellen, was nicht immer gelang. Gerade aber diese künstlich und gestellt wirkenden Bilder sind für mich der Zeitgeist pur.


Also hatte ich mich vor ein paar Jahren schon entschlossen, ein solches Szenario nachzustellen. Der Hauptdarsteller war schnell gefunden: 1955 Cadillac, ein Resin-Kit von R&R. Gerade frisch gebaut und in einem zurückhaltendem Pastellweiß-Altrosa lackiert, ideal für den Zweck.

Da ich aber das Ganze weniger modern, sondern eher elegant-altmodisch darstellen wollte, wurde kurzerhand alles nach Europa verfrachtet.

Doch wohin? Ich habe tagelang im Internet nach geeigneten Hintergrundbildern gesucht: Rom? Berlin? London? Nein, Paris musste es sein! Ich hatte nämlich ein schönes Bild vom nächtlichen Eiffelturm gefunden, der mitten in einem Feuerwerk steht.

Glamouröser ging´s einfach nicht!

Das Foto vergrößert und auf eine passende Sperrholzplatte geklebt und das Ganze noch mit Klarsicht-DC-Fix Folie überzogen – fertig war der Hintergrund.


Die Szene selbst sollte an einer Treppe stattfinden, auf der ein Pärchen oben stehend auf das unten wartende Auto blickt. Die Treppe habe ich dann aus gleichmäßig gekürzten Pressspanplatten, die ich aufeinander geklebt habe, gebaut. Die Flächen und die Stufen habe ich anschließend mit einer Art Marmorfolie von DCFix beklebt. Die Folie hat einen leichten Rosa-Ton und passt perfekt zum Lack des Autos. Dann den Eiffelturm-Hintergrund mit Holzdübeln auf den Untergrund gesteckt – so weit schon mal ganz gut...


Aber irgendwie war alles noch etwas nackig, da fehlte noch was. Was fehlte, wusste ich erst, als ich durch Zufall bei Ebay-USA auf ein Pärchen gusseisener Laternen stieß, die sehr europäisch aussahen und perfekt zu Paris passten. Die Teile sind aus Resin, fertig bemalt und waren s...teuer. Aber die Teile waren ihr Geld wert, einfach perfekt! 


Auch hatte ich mir noch einen roten Teppich eingebildet, der irgendwie noch mit drauf musste. Nach einigem Hin-und-her-Probieren kommt der rote Teppich jetzt direkt vom Eiffelturm, über die Treppe und unter dem Auto hindurch. Ist absolut sinnfrei, wirkt aber! Wer manche original Studiofotos aus der Zeit betrachtet, wird feststellen, dass es oft nur um Affekthascherei ging, logisch war da vieles nicht. 



Die Figuren stammen aus dem 58er Cadillac Brougham Kit von Revell und sind mit ihrer Eleganz und der zeittypischen Kleidung wie gemacht für die Szene. Bemalt wurden die „Männchen“ mit Modellbaufarben, wobei ich gestehen muss, dass ich vom Figuren-Modellbau keinerlei Ahnung habe. Deshalb wirken die Figuren auch etwas statisch, man möge mir verzeihen! 


Nachdem das Diorama lange Zeit versteckt auf dem Dachboden gelegen hatte und fast schon vergessen war, kam einer meiner Modellbau-Freunde wieder auf das Dio zu sprechen.

Also habe ich es vor Kurzem wieder ausgegraben, zusammengesteckt und siehe da, schaut doch noch ganz passabel aus.

Da kam mir dann die Idee, da ja der Hintergrund eine Nachtaufnahme ist, alles nochmal, jetzt aber nachts zu fotografieren.

Also Rollläden zu, Lichter aus, nur eine kleine Schreibtischlampe als indirekte Beleuchtung weit weg positioniert und alles ohne Blitz fotografiert.

Und so sieht das Ergebnis aus:





Diorama, Text und Bilder: Robert Eiber, Feucht bei Nürnberg

Kommentar schreiben

Kommentare: 4
  • #1

    Gerhard (Sonntag, 24 Dezember 2017 15:58)

    Wieder ein wunderbares Stück aus Roberts "Atelier"- Zeitgeist pur, mal nicht nur als reines Modell, sondern als liebevoll arrangierte Szenerie. Wer 1956 als Kind auf irgendwelchen verschlungenen Wegen an so eine Zeitungsanzeige aus Amerika gelangte, saß staunend davor und konnte kaum glauben, was er da sah - war hierzulande schon ein Käfer der unerreichbare Wunschtraum, wie viel mehr mussten dann die riesigen Straßenkreuzer in der luxuriösen Umgebung faszinieren? Eine schöne Zeit, die in Ihrem absoluten Fortschrittsglauben und der fast naiven Unbefangenheit wohl nie mehr wiederkehren wird!

  • #2

    Oliver Löbert (Montag, 25 Dezember 2017 11:10)

    Tja, Robert hat schon soviel gebaut das er manche schöne Sachen langsam vergisst :-) Mir hat dieses Dio schon von Anfang an sehr gut gefallen. Hat mich sowieso gewundert das er es hier noch nicht präsentiert hat. Die Aufnahmen in der Dunkelheit machen eine sehr schöne und realistische Stimmung. Klasse!

  • #3

    rainer (Dienstag, 26 Dezember 2017 18:22)

    Sehr gelungenes Diorama, einfach super !
    .....bitte weiteres aus dem Dornröschenschlaf befreien.

  • #4

    Günther (Donnerstag, 28 Dezember 2017 18:09)

    Zuckersüß und zart schmelzend...
    Ja klar, das ist Rita und Fred, anläßlich ihres Paris Besuches 1957! Bei mir stehen sie neben ihrem 56er Eldorado Brougham, den sie daheim in L.A. zum Opernbesuch nutzen.
    Super Arbeit Robert