1961 Chrysler

Seltene Promos und Annuals aus den ´60er Jahren von amt, mpc, Jo-Han und anderen, Maßstab 1:25


SIXTIES CLASSICS


Folge 5: Der 1961er Chrysler von Jo-Han


Ein ganz seltener Annual-Kit, ein daraus abgeleitetes Cabriolet, ein Eigenbau aus zwei wieder aufgelegten Jo-Han-Bausätzen, ein extrem rares Fertigmodell und ein Resin-Kit – es gibt erstaunlich viele Möglichkeiten, sich einen 1961er Chrysler im Maßstab 1:25 in die Vitrine zu stellen!


Das große Vorbild


Während das Erscheinungsbild der Marken Plymouth, Dodge und Imperial im Jahre 1961 – milde ausgedrückt – äußerst gewöhnungsbedürftig ausfiel, behielten die Chrysler-Modelle ihr beeindruckend klares und elegantes Erscheinungsbild bei. Chrysler legte außerdem Wert auf die Feststellung, dass es unter diesem Namen „...definitely no Jr. Edition...“, also definitv keinen kleineren Wagen geben würde. Um trotzdem in der hart umkämpften Preisklasse bis 3.000 Dollar präsent zu sein, wurde zum Modelljahr 1961 der „Newport“ eingeführt, dessen viertüriger Sedan exakt 2.964 Bucks kostete.


Im Zuge dieser Neuordnung rutschte der „Windsor“ eine Klasse höher und nahm so den Platz des nicht mehr angebotenen „Saratoga“ ein, während der „New Yorker“ weiterhin als reguläres Top-Modell fungierte. An der Spitze stand allerdings unangefochten das „Letter Car“ Chrysler „300 G“, von dem jedoch nur 1280 Coupes und 337 Convertibles zu Preisen von 5.411 bzw. 5841 Dollars verkauft wurden.


Obwohl sich die Karosserieformen der 1961er Chrysler-Modelle stark von denen des Vorjahres unterschieden, kamen die erst 1960 eingeführten selbsttragenden Bodengruppen sowie alle Innenstrukturen, die Dächer und sogar die hinteren Portale der viertürigen Sedans erneut zum Einsatz. Auch das „Astra Dome“ genannte, futuristisch anmutende Armaturenbrett blieb unverändert und selbst die Motorenpalette wurde im Wesentlichen beibehalten. Im darauf folgenden Jahr verschwanden die Heckflossen bei Chrysler endgültig, um den Weg in die formal weit weniger spannenden ´60er Jahre frei zu machen.

Der Annual-Kit von Jo-Han


Seit 1959 oblag die Entwicklung und Fertigung der Plymouth-, Dodge-, DeSoto- und Chrysler-Werbemodelle (Promotionals oder auch Promos genannt) im Maßstab 1:25 der Firma Jo-Han, zu der Zeit ansässig in 17255 Moran, Detroit/Michigan. Aus den Promo- Formen wurden zudem alljährlich die „Annual“-Bausätze abgeleitet, die es mit ihrer Vielzahl an „Customizing“- und „Racing“-Teilen erlaubten, individuelle Modelle entstehen zu lassen. Diese Bausätze erschienen 1961 bei Jo-Han in einer Einheits-Schachtel, die auf dem Deckelbild und den Seitenteilen eine Abbildung des Originals trugen. In diesem Zusammenhang fällt dem aufmerksamen Betrachter auf, dass die Bausatzbezeichnung zwar „Chrysler New Yorker“ lautet, die Abbildung aber ein zweitüriges „Newport“ Hardtop Coupe zeigt.


Der Inhalt des Bausatzes hält dann allerdings, was die Aufschrift verspricht: Das New
Yorker Hardtop Coupe ist in einem zarten Grün ausgeführt und erfreut den Modellbauer durch glatte, saubere Flächen, klare Gravuren und überaus feine Details. Eine Motornachbildung, wie sie verschiedene amt-Kits bereits seit 1960 aufwiesen, war bei Jo- Han 1961 allerdings noch nicht vorgesehen. Neben der Stock- (=Serien-) Ausführung bietet der Kit zahlreiche Zusatzteile (eine geänderte Front, Extra Heckflossen, Sidepipes, Reserveradabdeckung und vieles mehr) für eine Custom Version sowie einen Überrollbügel und eine Reihe zeitgenössischer Decals für die Renn-Ausführung.

Der Bausatz des 1961er Chrysler New Yorker wurde nie wieder aufgelegt, ebenso wenig sein offenes Gegenstück, das Chrysler 300 G Convertible von Jo-Han in 1:25 – mit größter Wahrscheinlichkeit gingen die Formen verloren, weil daraus die Modelle für das Jahr 1962 (von denen das 300er Coupe als Wiederauflage in der „USA Oldies“-Serie erschien) entwickelt wurden. Beide ´61er Kits dürfen heute getrost als die „Blaue Mauritius“ unter den Annuals bezeichnet werden – aber man muss ja nicht unbedingt einen superteuren Bausatz „entweihen“, um sich den Traum vom ´61er Chrysler im Maßstab 1:25 zu verwirklichen, wie die folgenden Kapitel zeigen!


Der Umbau: Chrysler New Yorker Convertible 1961


Das abgebildete ´61er Chrysler New Yorker Cabriolet begann seine Laufbahn als Annual- Kit, den sich ein unbekannter „Künstler“ zu Beginn der ´60er Jahre für 1 Dollar 39 Cent kaufte, um ihn dann mehr schlecht als recht zu lackieren und zusammen zu kleben. Jahrzehnte später fand das arg ramponierte Modell via Ebay.com seinen Weg nach Deutschland, um dort als „Builder“ auf eine grundlegende Restaurierung zu warten.


Angesichts der fehlenden Ausstellfensterrahmen, einer gebrochenen A-Säule und des verzogenen Daches fiel der Entschluss leicht, aus dem Coupe ein Cabriolet zu machen. Den passenden Windschutzscheibenrahmen mit den Ausstellfenstern und den Sonnenblenden lieferte die Firma Modelhaus, ebenso die Abdeckung des geöffneten Verdecks. Die Chromteile erhielten bei Chromtech USA eine neue Beschichtung und die alte Karosseriefarbe wurde sorgfältig abgebeizt, bevor der Neuaufbau der Lackierung beginnen konnte.


Die neue Farbgebung erfolgte mit einer Mischung verschiedener Revell-Farben, die dem Original-Ton „Dubonnet“ sehr nahe kommt. Das Armaturenbrett, die Sitze und dieTürverkleidungen wurden mit zur Außenlackierung passenden, seidenmatten Farben bemalt, der Bodenteppich mattgrau gehalten. Viele kleine Chrom-Akzente - vor allem am „Astra Dome“-Armaturenbrett - detaillieren den bei einem offenen Cabrio gut einsehbaren, von Jo-Han allerdings sehr flach und überaus einfach gehaltenen Innenraum.


Das Modell steht auf den Custom-Felgen des Annual-Kits, die bereits vom ersten Erbauer montiert wurden. Das New Yorker-typische Riffelblech zwischen den Rückleuchten ließ sich mit der Silberfolie aus alten Zigarettenschachteln maßstabsgerecht nachbilden – der Modellbauer darf einfach nichts, aber auch gar nichts wegwerfen! Und so entstand in sorgfältiger, mühevoller Arbeit ein echtes Unikat – und das aus einem Schrottmodell, das ebenso gut in der Mülltonne hätte landen können!


Der Eigenbau: Chrysler Newport 1961


Als die Firma Kager in den Jahren 1974/75 die ersten Jo-Han-USA Oldies nach Deutschland importierte, stürzten sich die amerikanophilen Modellbauer wie Verhungernde auf diese phantastischen Bausätze. Den besonders Kreativen unter ihnen genügte es allerdings schon bald nicht mehr, diese Kits nur aus der Schachtel zu bauen - schließlich boten sich durch Um- oder Eigenbauten noch ganz andere, ungeahnte Möglichkeiten!


Nachdem auch das Thema „Cabriolet“ durch das Absägen diverser Dächer schon bald weitgehend gegessen war, ging es an etwas aufwändigere Eigenbauten. So entstand beispielsweise aus dem 1960er Plymouth Station Wagon ein offenes Cabriolet, über das wir an dieser Stelle aber den Mantel des Schweigens breiten wollen. Ein anderer, äußerst mutiger Eigenbau aus dieser Zeit - wir sprechen von ca. 1975! – entstand aus den beiden Bausätzen des 1960er DeSoto Adventurer und des 1962er Chrysler 300: der 1961er Chrysler Newport!

Dabei wurde die Front des ´62er Chrysler an der vorderen Türkante abgetrennt und mit der Karosserie des ´60er DeSoto (ab vorderer Türkante einschließlich Windschutzscheibe, Dach und komplettem Heck) verheiratet. Das kleine Stück der ´60er DeSoto-Türsicke, aus der die Heckflosse wächst, ließ sich sorgfältig abschleifen und sogar relativ exakt in die richtige Form des ´61er Heckflossen-Ansatzes bringen. Der anders geartete Flossen- Abschluss von 1961 entstand durch das Einkleben der Rücklichter und vorsichtiges Abschleifen der Flossen-Enden, außerdem musste der runde DeSoto-Kofferraum- Abschluss flach gefeilt werden, um dem ´61er Jahrgang zu entsprechen.


Bis zum Kauf des 1961er New Yorker-Annual-Bausatzes in den ´90er Jahren mussten beim Kühlergrill, den Heckflossen-Abschlüssen und der hinteren Stoßstange improvisierte Teile (ein ´62er 300er Grill ohne das Kreuz, eine Konstruktion aus verchromten Gießästen und die Heckstoßstange des ´62er Chrysler 300) genügen; erst danach sorgten nachträglich verchromte Resin-Abgüsse der Originalteile und eine nochmalige grundlegende Überarbeitung des Modells (Chromfolie statt Silberfarbe) für ein authentischeres Erscheinungsbild.



Resin-Fertigmodell und –Bausatz: Chrysler 300G von 1961


In der Mitte der ´90er Jahre bot der amerikanische Modellauto-Papst Bill Coulter ein Kleinserien-Fertigmodell des 1961er Chrysler 300 G aus Resin an. Der Preis für dieses kleine Kunstwerk lag bei knapp 300.- Dollar, was hierzulande in etwa satten 500.- DM (ca. 250.- Euro) entsprach – wie verrückt musste man sein, um das Modell trotzdem haben zu wollen?


Mit der ersten Bestellung war damals bereits eine Anzahlung von 100.- Dollar zu entrichten. Dafür erhielt man umgehend ein Foto des Modells (siehe Abbildung) in den fünf verfügbaren (Original-) Farben, um daraus seine Wunschlackierung zu wählen – in diesem Falle das kräftige „Mardi Gras Red“. Nach längerer Wartezeit kam eine Benachrichtigung über die Fertigstellung des Modells, das der ungeduldige Sammler aber erst nach der Begleichung der restlichen Summe und dem schier endlos erscheinenden Postweg in den Händen halten konnte.


Auf welcher Basis Bill Coulter dieses 300 G-Modell seinerzeit entwickelte, bleibt zwar sein Geheimnis, eine direkte oder indirekte Beteilung der Jo-Han-Annuals ist jedoch nicht auszuschließen. Die nach heutigen Maßstäben eher schlichte Ausführung war 1994 noch eine echte Sensation und das Modell somit sein Geld (zunächst) wert. Das änderte sich allerdings schnell, als Bill Coulters Chrysler 300 G einige Jahre später im Programm des Resin-Herstellers R&R Vacuum Craft als Bausatz auftauchte.



Damit bot sich jedem Modellbauer die Möglichkeit, für einen Bruchteil des Preises, der für einen „echten“ Bill Coulter zu entrichten war, einen Chrysler 300 G zu bauen. Das weiße Modell auf den Abbildungen entstand aus eben diesem Bausatz, wobei kaum gravierende Unterschiede zu entdecken sind. Und die Moral von der Geschicht´: „Kauf´ ein Modell als Erster nicht“!!!



Text, Modelle und Bilder: Gerhard Hoffmann, Bachmehring

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