Blackgatti

Zweiter Eigenbau mit Holzkarosserie auf der Basis des Bugatti Royale von Bandai, Maßstab 1:16


BLACKGATTI


Länger, tiefer, offener – der Blackgatti, zweiter Teil der geplanten Bugatti-Trilogie und Cabrio-Bruder des Woodgatti, erforderte mit seinen vollkommen geschlossenen Kotflügeln und dem endlosen Bootsheck den Einsatz neuer Arbeitstechniken, noch mehr unterschiedlicher Materialien und eine deutlich längere Arbeitszeit als sein Vorgänger.


Die Grundidee


Die dem aufwändigen Eigenbau zugrunde liegende Idee wurde eigentlich schon mit dem Woodgatti (siehe Bericht "Woodgatti" in dieser Rubrik) geboren: Die Kombination der Werkstoffe Holz und Plastik in der Form eines außergewöhnlichen Eigenbau-Modells. Nach Abschluss des dazwischen geschobenen Projekts "Caddylegger", einem Custom-Pickup mit Holzaufbau, Bootstrailer und "Bootlegger"-Rennboot (siehe Bericht "Caddylegger" in dieser Rubrik) war es an der Zeit, dem Woodgatti im Zuge der geplanten "Bugatti-Trilogie" einen offenen "Bruder" zur Seite zu stellen, der die bereits gewonnenen Erfahrungen nutzen, gleichzeitig aber auch neue Formen und Techniken integrieren sollte.


Als Basis diente wiederum der mittlerweile äußerst seltene Bausatz des Bugatti Royale von Bandai im Maßstab 1:16. Formal orientiert sich der Blackgatti mit seinen geschlossenen Radhäusern und den extrem lang gezogenen Kotflügeln am Stil von Franay und Saoutchik, fügt diesen schwarz gehaltenen Komponenten aber noch den wirkungsvollen Kontrast einer betont hellen Holzkarosserie hinzu. So entstand das Modell eines Phantasie-Automobils im opulenten Art Deco-Stil, das auf verschwenderischen siebeneinhalb Metern Länge gerade mal zwei Personen knappen Platz geboten hätte -–man gönnt sich ja sonst nichts!

Fahrgestell und Motor


Das gewünschte Erscheinungsbild des Blackgatti erforderte eine radikale Tieferlegung des Bugatti Royale- Fahrwerks. Vorne erfolgte dies durch das Einschneiden der Blattfedern und den umgedrehten Einbau der Vorderachse, die Hinterachse wurde direkt in eigens gefertigte Aussparungen im Rahmen geklebt und erst danach die Blattfedern auf ihren vorgesehenen Befestigungspunkten fixiert. Außerdem mussten die Verbindungsstreben der Rahmenlängsträger so eingebaut werden, dass der notwendige Platz für den mächtigen Motorblock frei blieb.


Aufgrund der extremen Tieferlegung war es nötig, neue Halterungen für den Motor und den Kühler zu schaffen, außerdem mussten aus der Ölwanne und dem Kühler je zehn Millimeter heraus getrennt werden, um deren Bauhöhe zu verringern. Damit wurden dem Motor zwar etliche Liter Hubraum genommen, aber dafür passte er anschließend perfekt unter die Motorhaube. Im Zuge dieser Maßnahmen mussten auch der Auspuff und die Kardanwelle geändert werden, um sich der allgemeinen Tieferlegung anzupassen.

Die Kotflügel des Modells


Um die fließenden Linien zu betonen und dem Schönheitsideal einer Saoutchik-Karosserie nahe zu kommen, wurden die Radausschnitte der vorderen und hinteren Kotflügel komplett verschlossen, wobei dieser Arbeitsschritt aus Stabilitätsgründen doppelwandig erfolgen musste. Anschließend galt es, die Übergänge sorgfältig zu verspachteln und stundenlang zu verschleifen, um völlig glatte Flächen zu erzielen.


Die schräg übereinander angeordneten Doppelscheinwerfer entstanden aus den Scheinwerfer-Gehäusen eines Rolls Royce Phantom II-Bausatzes von Revell im Maßstab 1:16. Nach langem Zögern und noch längeren Vermessungsarbeiten gelang es schließlich, die vier Scheinwerfer in die Bugatti-Kotflügel einzuarbeiten und sie dort durch intensives Verspachteln und Verschleifen fugenlos zu integrieren.


Um den Eindruck eines zwischen den Kotflügeln "schwebenden" Kühlergrills zu erwecken, musste der massive Verbindungssteg im unteren Bereich der Kotflügel herausgetrennt und der Kühlergrill mit selbst angefertigten Halterungen fixiert werden. Ein zierlicher, V-förmiger Bügel aus dem Bausatz eines 1957er Ford Fairlane von AMT im Maßstab 1:25 stellt die optische Verbindung zwischen den beiden Vorderkotflügeln wieder her.

Das extrem lang gezogene Bootsheck erforderte eine massive Verlängerung der hinteren Kotflügel, die sich nur in Holzbauweise realisieren ließ. Dazu wurde die neue Form der Kotflügel zunächst als Balsaholz-Gerüst aufgebaut und anschließend in mühevoller Schnitzarbeit ebenfalls mit Balsaholz verschlossen. Ihre endgültige Form erhielten die Kotflügel einmal mehr durch nächtelanges Schleifen mit unterschiedlichen Körnungen.

Das Einpassen der Rücklichter einer 1957er Corvette von MPC im Maßstab 1:16 bildete die nächste Herausforderung. Zunächst mussten die entsprechenden Aussparungen geschaffen werden, um sich dann wieder fugenfrei an die verchromten Rücklichter-Gehäuse anpassen zu lassen. Außerdem erforderte die Breite der Holzkarosserie, dass von den Innenseiten der hinteren Kotflügel jeweils eineinhalb Millimeter weg geschliffen wurden.


Motorhaube und Karosserie


Die Seitenteile der Motorhaube mussten unten und oben um jeweils dreieinhalb Millimeter gekürzt werden, um zu der selbst gefertigten Karosserie zu passen. Wie schon beim Woodgatti entstand die Holzkarosserie auch hier in Spantenbauweise wie im Schiffsmodellbau (siehe Bericht "Woodgatti" in dieser Rubrik). Um einen deutlichen Kontrast zu den tiefschwarz lackierten Teilen des Fahrzeugs zu erzielen, fand diesmal ein besonders edles, weißes Koto-Furnier (eine afrikanische Mandelbaum-Art, nicht wirklich billig!) Verwendung.

Nach unzähligen fehlgeschlagenen Versuchen kristallisierte sich heraus, dass die Form des schwarz lackierten Bootsheck-Mittelsteges nur in Laminiertechnik zu realisieren war. Dies bedeutete, dass seine Form bereits bei der dreifachen Beplankung der Karosserie ausgespart werden musste. Diese Aussparung wurde zunächst mit Wachs als Trennmittel ausgestrichen und anschließend mit zwei Millimeter breiten Kohlefaserstreifen ausgelegt, um die Rundung des Heckabschlusses zu erzielen. Nach dem Ausfüllen der Zwischenräume mit Epoxy-Harz und einer gründlichen Aushärtung des Ganzen ließ sich der Mittelsteg vorsichtig herauslösen, verspachteln, in mühevoller Arbeit – man ahnt es bereits! – sauber verschleifen, schwarz lackieren und schließlich wieder einsetzen.

Die Türen wurden anhand vorgefertigter Schablonen vorsichtig aus der Holzkarosserie heraus getrennt, von innen versteift und schließlich mit kleinen Scharnieren aus dem Schiffsmodellbau hinten angeschlagen ("Suicide Doors"). Den Rahmen der Windschutzscheibe lieferte ein Bausatz des Mercedes 500 K von Gakken im Maßstab 1:16, wobei auch hier umfangreiche Anpassungsarbeiten anfielen. So wurde der Rahmen zunächst halbiert, mittels Erwärmung in die passende Form gebogen, mit einem neuen Mittelsteg aus Balsaholz versehen und schließlich mit "Bare Metal Foil" nachverchromt.


Innenausstattung, Verdeck und Detailarbeiten


Auch der Innenraum strahlt die Eleganz und die Opulenz der ´30er Jahre aus. Die Sitzbank stammt aus dem Fond des Bugatti Royale; sie wurde mittig um eineinhalb Millimeter gekürzt, mit einem dünnen Schaumstoff belegt und ebenso wie der ganze Innenraum mit grauem Veloursleder bezogen. Die abwärts geschwungene schwarze Fläche der Tür- Außenseite spiegelt sich in der Türverkleidung wieder, das Armaturenbrett entstand aus Balsaholz, die Instrumente sowie das Lenkrad stammen aus dem Bugatti-Bausatz und als Teppichboden diente schwarze, selbstklebende Samtfolie.

Das im Stil der amerikanischen "Carson Tops" gehaltene Verdeck baut auf einer Balsaholz-Basis auf. Es wurde außen mit schwarz eingefärbtem Baumwollstoff, innen dagegen mit dem grauem Veloursleder der Innenausstattung bezogen. Der Chromrahmen des Heckfensters diente in seinem ersten Leben als Kühlergrill- Umrahmung einer 1953er Corvette von AMT im Maßstab 1:25.


Wie der Woodgatti verfügt auch der Blackgatti über ein Reserverad, das in diesem Fall mit einer Flügelmutter unter dem Bootsheck festgeschraubt ist und jederzeit heraus genommen werden kann. Die unter den verschlossenen Kotflügeln erkennbaren Weißwandreifen entstanden aus weißen Papierringen, das Kühlergitter des Bausatzes wurde durch den feinmaschigen Fett-Spritzschutz, wie man ihn an Pfannen in der Küche findet, ersetzt. Den verchromten Abschluss am Bootsheck bildete eine halbierte 1:25er Custom-Stoßstange unbekannter Herkunft, die sich durch ein passendes rotes Klarsichtteil ergänzen ließ.


Der Blackgatti führt die mit dem Woodgatti begonnene Symbiose eines Plastikbausatzes mit grandios gearbeiteten Holz- Elementen konsequent fort und begeistert den Betrachter zudem mit einer noch spektakuläreren Formgebung. Mit über 700 Arbeitsstunden hat sich der modellbauerische Aufwand allerdings fast verdreifacht, wobei zahllose, schier unlösbar erscheinende Probleme den Erbauer mehr als einmal an seine Grenzen brachten. Trotzdem steht der Entschluss fest, auf der Basis des Bandai-Royale mit einem letzten Höhepunkt eine absolut einzigartige Trilogie zu schaffen: Woodgatti, Blackgatti und ...gatti – wiederum exklusiv hier bei Chrome and Fins


Text, Bilder und Modell: Siegfried Hagen, Traismauer, Österreich


Danksagungen:


Zum Gelingen dieses bisher aufwändigsten Projekts meiner Modellbauer-Karriere haben maßgeblich beigetragen:
Erika Hagen mit den Stoffen für die Innenausstattung und das Verdeck
Bernhard Gugrel mit den Materialien und dem Know-How der Laminiertechnik
und natürlich meine geliebte Elisabeth mit ihrer Geduld, die sie für meine zwischen höchster Euphorie und totaler Depression schwankenden Stimmungen während der gesamten Bauzeit aufbrachte!

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