Chrysler Präsentations-Show 1960, Eigenbau-Diorama, Maßstab 1:25
SHOWTIME
Ganz großes Kino: Die Präsentation des Chrysler-Jahrgangs 1960, nachempfunden in einem selbst entworfenen und gebauten Diorama im Maßstab 1:25, diversen Resin- und Annual-Modellen sowie
zahlreichen zeitgenössischen Figuren.
Jeder, der sich für die amerikanischen Automobile der ´50er und ´60er Jahre begeistern kann, kennt die legendären "Motorama"-Präsentationen aus dieser Zeit. Es handelte sich dabei um eine
gigantische, transportable Werbeveranstaltung, mit der General Motors kreuz und quer durch Amerika reiste, um einerseits die neuesten Modelle, andererseits aber auch die spektakulären Show-Cars
einem großen Publikum zu zeigen. Die Bilder dieser Shows, aber auch von anderen Automobil-Präsentationen jener Jahre zeigen, dass es kaum etwas Besseres gibt, um den damaligen Zeitgeist glaubhaft
zu vermitteln. Meist standen die Fahrzeuge auf verschiedenen Ebenen und bunten Drehscheiben vor riesigen Vorhang-Flächen und wurden von hübschen Damen flankiert, während markige Werbesprüche an
den Wänden das neue Produkt anpriesen und eine Live-Band das Publikum unterhielt.
Warum sollte es so etwas Schönes nicht auch im Maßstab 1:25 geben? Die Wahl des Themas fiel sehr schnell auf einen fiktiven Messestand aus dem Jahre 1960, auf dem die aktuelle Modellpalette der
Chrysler Corporation (Plymouth, Dodge, DeSoto, Chrysler und Imperial) präsentiert werden sollte. Schon im Entwurfsstadium zeigte sich, dass die größte Schwierigkeit darin bestand, die
ausgefallene Architektur dieser Messestände nachzuempfinden und damit den Zeitgeist von 1960 zu treffen. Den besonderen Reiz dabei stellte die Kombination der runden und organischen ´50er Jahre-
Formen mit den eher geraden und eckigen Linien der ´60er Jahre dar. Dazu kam noch ein kleiner Schuss "Space Age Feeling", wobei das Internet sowie entsprechende Fachzeitschriften und –Bücher eine
unerlässliche Hilfe darstellten.
Die Grundplatte
Die Grundplatte des Dioramas entstand aus einer 125 cm mal 85 cm großen Pressspanplatte aus dem Baumarkt. Diese wurde mit Hilfe eines Geo-Dreiecks mit exakt ausgemessenen DC-Fix-Folienstücken
beklebt. Was zunächst einfach klingt, artete schließlich in eine wilde Rechnerei und Messerei aus, die erst nach einigen Fehlschlägen die gewünschten Ergebnisse zeitigte. Trotzdem bereitete der
flächenmäßig größte Teil des Dioramas unter dem Strich die wenigsten Probleme.
Die Drehscheibe
Die Drehscheibe entstand aus zwei mit einer Stich- und einer Laubsäge ausgesägten Holzscheiben. Nachdem diese beiden Teile mit Autolacken ihre Farbgebung erhalten hatten, wurden sie aufeinander
geklebt. Als Füßchen dienten silbern lackierte Teile aus dünnem Plastik-Sheet, womit das Ganze in fertigem Zustand ein bisschen wie ein notgelandetes UFO aussieht. Ganz bewusst wurde auf eine
sich drehende Platte verzichtet, da sich ja auch die Figuren nicht bewegen – frei nach dem Motto "Alles oder nichts"!
Rückwand, Seitenteil und Vorderwand
Als eine der größten Herausforderungen erwies sich die Nachbildung des riesigen Vorhangs. Da sich kein handelsüblicher Stoff im Maßstab 1:25 raffen lässt, wurde nach vielen Fehlschlägen eine
Lamellen- Version ausgewählt. So mussten knapp 40 Stoffstreifen von hinten auf dünne Balsaholz-Streifen geklebt und diese wiederum überlappend auf eine Rückwand aus dünnem Pressspan- Material
fixiert werden. Die komplette Rückwand wurde ihrerseits mit zwei
Vierkanthölzern und Holzdübeln auf der Grundplatte befestigt.
Als obere Verblendung dient eine ebenfalls mit Autolacken eingefärbte Pressspanplatte, von vorne auf die seitlichen Vierkanthölzer geklebt. Die Chrysler-"V"-Elemente wurden aus dünnem Plastik-Sheet ausgeschnitten, die Buchstaben mit dem PC ausgedruckt, ausgeschnitten und auf die Plastikteile geklebt. Anschließend ließen sie sich mit durchsichtiger, hochglänzender DC-Fix-Folie überziehen und mittels kleiner Holzteilchen als Abstandshalter auf die Blende kleben.
Auch die zweite Seite entstand aus einer dünnen Holzplatte, ebenfalls mit Folie beklebt. Die beiden Beams, auf denen die Lacke aufgeklebt sind, ließen sich aus Plastik-Sheet anfertigen. Als
Lacktafeln dienten originale Paint-Chips, die auf dünnes Plastik geklebt und mit durchsichtiger Hochglanzfolie überzogen wurden – sieht aus wie frisch lackiert! Die oben angebrachte Hinweistafel
entstand wiederum aus dünnem Holz. Sie wurde mit bunten Folien beklebt und mit kleinen Keilen etwas nach unten geneigt aufgeklebt. Auch diese ganze Einheit ließ sich mit Vierkanthölzern und
Dübeln auf der Grundplatte befestigen. Dieses Prinzip wiederholte sich bei der dritten Seite, die ebenfalls als lustiges Durcheinander aus Holz- und Plastikteilen konzipiert und gefertigt wurde.
Die Bühne
Da auf vielen der damaligen Messestände eine Live-Band für Unterhaltung sorgte, mussten auch hier "Musiker" her. Die Bühne, auf der sie stehen, entstand aus dünnem Holz, das mit bunter Folie
beklebt wurde. Die Füßchen, auf denen sie steht, ähneln denen der Drehscheibe.
Die an der Bühnendecke angebrachten "Lampen" waren in ihrem früheren Leben Spielfiguren, die "geköpft" wurden. Diese Köpfe ließen sich wiederum perfekt als "Glühbirnen" in die Lampen kleben. Die Band selbst besteht aus Resin-Figuren, die im Internet zwar als "Wedding-Band" angeboten wurden, aber auch an dieser Stelle äußerst glaubhaft wirken.
Hinweisschilder und Prospekte
Die kleinen Hinweisschilder an den einzelnen Fahrzeugen entstanden aus Holz (Sockel und Streben) sowie dünnem Plastikmaterial (Schild). Die Schrift wurde erneut mit dem PC ausgedruckt und die
Teile im
Anschluss mit DC-Fix- und Chromfolie beklebt.
Die Schalen, in denen die Prospekte liegen, waren einst kleine, in der Mitte teilbare Loskugeln. Als Sockel dafür dienten ebenfalls abgeschnittene Spielfiguren, beides mit Autolacken lackiert. Ein besonderes Highlight stellen die winzigen Prospekte dar, deren Originale in den Maßstab 1:25 verkleinert und mehrfach aufeinander geklebt wurden.
Die Lampe
Eine weitere große Herausforderung stellte die große, mittig aufgehängte Lampe dar. Nach langen Überlegungen fiel die Entscheidung zugunsten einer Lampe im damals hochaktuellen "Sputnik"-Stil.
Als Mittelteil eignete sich eine etwas größere Holzkugel, um die ein schmaler Holzring geklebt wurde. An den Kanten ließen sich Löcher für die Ausleger bohren, in die dann ca. 3 mm dünne
Holzstäbchen geklebt wurden. Die Stabilität des Ganzen sicherte ein Metallring aus dem Floristik-Zubehör, der von unten angeklebt wurde, bevor sich alles mehrmals mit weißem Lack überziehen ließ.
Als Lampen kamen einmal mehr mit Autolacken behandelte Spielfiguren zum Einsatz, die Glaskörper in den Lampen wurden durch weiß lackierte Holzkugeln dargestellt. Aufgehängt wurde der Lichtkörper
schließlich an einem aus Vierkanthölzern gebauten
Ausleger, der auf der Grundplatte mit Holzdübeln gegen das Umfallen gesichert werden musste.
Die Figuren
Um dem Diorama das gewünschte Leben einzuhauchen, waren in der Größe und im Stil passende Figuren gefragt. Sie fanden sich nach langer Internet-Suche schließlich in Fernost, leider nur sehr
minderwertig und einfach gestaltet. So galt es als letzte große Hürde noch einmal Neuland zu betreten und Figuren zu bemalen – die möglichst lebendige Anordnung der Männchen und Weibchen war
dagegen ein Kinderspiel!
Die Autos
Die Chrysler-Autos von 1960 finden sich zwar alle als Bausätze im Maßstab 1:25, allerdings überwiegend als seltene und sündhaft teure Annuals oder Johan-Kits. Einige wenige gibt es aber auch als
Resin-Modelle von R&R oder Modelhaus aus den Vereinigten Staaten. Hier die einzelnen Fahrzeuge und ihre Herkunft:
1960er DeSoto Adventurer und 1960er Plymouth Suburban Wagon: Johan-USA Oldies
1960er Plymouth Fury Coupe: Annual-Kit von Johan
1960er Imperial Crown Hardtop Coupe/Convertible: Annual-Kits vom smp (siehe auch "Imperial – The Finned Years" in der Rubrik "Collection Storys")
1960er Chrysler 300 F (siehe auch Bericht "Power Fins" in dieser Rubrik) und 1960er Dodge Dart Phoenix: Resin- Bausätze von R&R
1960er Dodge Polara Station Wagon: Resin-Kit von Modelhaus.
Fazit
Nach neun Monaten intensiver Arbeit mit bis dahin noch völlig unbekannten Materialien und Werkzeugen entstand ein Diorama, das derzeit vielleicht noch ein Unikat darstellt. Allerdings kann jeder
mit ein bisschen Überwindung, etwas Selbstvertrauen und der Hilfe guter Freunde seine Ideen und Träume verwirklichen und ein ähnliches Diorama gestalten – Themen gibt es genug, also ran an die
Basteltische!
Text, Baustufenbilder und Bau des Dioramas: Robert Eiber, Feucht bei Nürnberg
Bilder des fertigen Dio´s: Gerhard Hoffmann, Bachmehring
Danksagungen:
Ein herzlicher Dank gilt Oliver Löbert aus Ansbach, der mit dem Satz: "Dann mach´s halt einfach" den Stein in´s Rollen brachte.
Vielen Dank auch an Reinhold Schmidt und Gerhard Hoffmann, die mich mit schier unerschöpflichen Motivations-Tricks immer wieder zum Weitermachen animieren konnten.
Und ein ganz besonderer Dank gilt meiner Familie, die mit viel Geduld meine Launen ertrug, wenn es mal wieder nicht so lief...
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Oliver Löbert (Dienstag, 31 Januar 2017 08:16)
Auch wenns schon eine Weile her ist finde ich das Diorama immer noch grossartig. Die vielen verschiedenen Farben und Formen der absolut zeitgenössischen Dekoration wirkt wie aus einem Guss und aufeinander abgestimmt. Genauso könnte eine Show damals ausgesehen haben. Die spektakulären Autos des 60er Jahrgangs sind perfekt integriert in einem wilden Mix aus Design und Farben und spiegeln so das Zeitgefühl von 1960 in den USA wieder. Ein Meisterstück Herr Eiber!
Christian (Freitag, 13 Oktober 2023 12:57)
Also verspätet: wirklich schön und echt mit dem Flair der späten 50er und frühen 60er.
Als ob Du die alten Architekturzeitschriften meiner Eltern als Referenz gehabt hättest.
Verdient noch einen weiteren Auftritt.