Seltene Promos und Annuals aus den ´60er Jahren von amt, mpc, Jo-Han und anderen, Maßstab 1:25
SIXTIES CLASSICS
Folge 4: Die 1968er Cadillacs von Jo-Han
Sie trugen klangvolle Namen wie „Deville,“, „Fleetwood“ oder „Eldorado“ und es waren wirklich großartige Automobile: Hier sind die Cadillacs von 1968 und ihre Jo-Han-Modelle im Maßstab 1:25.
CADILLAC 1968
Die späten ´60er Jahre waren eine gute Zeit für Cadillac. Nach den stilistischen Exzessen von 1959 und den halbherzigen Downsizing-Versuchen zwischen 1961 und 1964 fand die Marke ab 1965 zu einer
neuen, klaren und unverwechselbaren Designsprache zurück, wobei die Dimensionen wiederum deutlich wuchsen. Als technisches Zugpferd diente seit 1967 das Eldorado Coupe mit Frontantrieb, dessen
kantiges und doch elegantes Styling bis weit in die ´70er Jahre hinein alle Cadillac-Baureihen beeinflusste. Das ´68er Design der „normalen“ Cadillacs folgte dem damals üblichen
Zweijahres-Rhythmus und war nur ein mildes Facelift der bereits 1967 neu vorgestellten Form mit einem engmaschigeren Gitter im Kühlergrill, einer anderen Heckblende und geänderten seitlichen
Positionsleuchten. Zum letzten Mal seit 1965 standen die beiden vorderen Doppelscheinwerfer senkrecht übereinander und auch die vorderen Ausstellfenster, die „Klimaanlage des kleinen Mannes“,
waren ein letztes Mal an einem Cadillac zu sehen. Mit insgesamt etwa 230.000 verkauften Fahrzeugen zählte 1968 zu den erfolgreichsten Jahren in der Geschichte der Firma Cadillac.
Als „Einsteiger“-Cadillac fungierte 1968 die „Calais“-Serie, in der ein Hardtop Coupe für 5.315 Dollar sowie ein viertüriger Hardtop Sedan für 5.491 Dollar zur Wahl standen. Neben Servolenkung und Servobremsen gehörten bereits elektrische Fensterheber zur Serienausstattung der Calais-Serie, die darüber hinaus wie alle anderen ´68er Cadillacs über die 472er (7,7 Liter) V8-Einheitsmaschine mit 375 PS verfügte.
Die 1968 bei weitem meistverkaufte Modellreihe war die „Deville“-Serie, in der es ein Cabriolet, ein Hardtop Coupe, einen Hardtop Sedan und einen Sedan mit B-Säule gab. Die Preise begannen bei 5.552 Dollar (Hardtop Coupe) und endeten bei 5.785 Dollar (viertüriger Sedan), wobei vom Cabriolet insgesamt 18.025 Exemplare zum Preise von 5.736 Dollar verkauft werden konnten (Deville Hardtop Coupe: 63.935 Stück).
Als „Personal Car“ unter den 1968er Cadillacs wurde der „Fleetwood
Eldorado“ nur als zweitüriges Coupe gebaut, das wie der „Toronado“ von Oldsmobile über den seinerzeit in Amerika revolutionären Frontantrieb verfügte. Mit einem Preis von 6.605 Dollar lag das
2+2-sitzige Coupe immerhin in der Region der ultra-luxuriösen Fleetwood-Limousinen, fand aber dennoch 24.528 Käufer, die bereit waren, das Image und den Luxus des technischen Spitzenreiters teuer
zu bezahlen.
Wer 1968 über 10.000 Dollar in ein amerikanisches Automobil investieren wollte, landete zwangsläufig bei Cadillac und hier wiederum bei der Top-Serie „Fleetwood 75 Sedan oder Limousine“, die auf einem verlängerten Radstand allen Luxus boten, der in diesen Jahren für Geld zu kaufen war. Entsprechend niedrig fielen die Stückzahlen aus: Der Fleetwood 75 Sedan fand 805 Käufer (Preis: 10.629 Dollar), die Fleetwood 75 Limousine 995 glückliche (?) Besitzer (Preis: 10.768 Dollar). Wer 3.000 Dollar weniger investieren wollte, aber auf den Fleetwood-Luxus nicht verzichten konnte, musste zum „Fleetwood Sixty Special oder Brougham“ greifen, die für 6.583 respektive 6.899 Dollar feil waren. Kaum zu glauben, aber wahr: vom Fleetwood Brougham wurden in diesem Jahr 15.300 Exemplare verkauft!
Das Hauptthema der Cadillac-Werbung war 1968 der für alle Modellreihen neu eingeführte V8-Motor mit 7.7 Litern Hubraum, der mit 375 PS über mehr Leistung, mehr Drehmoment und mehr Laufruhe
verfügte als seine Vorgänger und mit einem „Turbo Hydra-Matic- Automatikgetriebe mit drei Gängen kombiniert wurde. Als „Safety
Features“ gab es eine Teleskop- Lenksäule, Scheibenbremsen an den Vorderrädern, statische Dreipunkt- Sicherheitsgurte (Sedan), seitliche Positionsleuchten und eine großzügig gepolsterte
Armaturenbrett-Oberkante. Das „Optional Equipment“ umfasste unter anderem einen Tempomaten, ein verstellbares Lenkrad, eine automatische Klimaanlage, elektrische Sitzverstellung in sechs
Positionen, elektrisch betätigte Ausstellfenster, ein Vinyldach sowie einen elektrisch zu öffnenden Kofferraumdeckel.
DIE JO-HAN-BAUSÄTZE DES CADILLAC DEVILLE VON 1968
Seit 1959 begleitete die Firma Jo-Han das jeweils aktuelle Cadillac-Programm mit Promotional- (=Werbe-) Modellen und Annual-Bausätzen im Maßstab 1:25. Während es zwischen 1959 und 1962 diese
Modelle nur in der viertürigen Fleetwood Sixty Special- Ausführung gab, ging Jo-Han ab 1963 dazu über, das Hardtop Coupe und das Cabriolet der „Deville“-Serie nachzubilden.
Ab 1964 erschienen alle Jo-Han-Bausätze in einer breiten, flachen Schachtel, ein Experiment, das Revell schon 1962 gemacht und bereits nach einem Jahr wieder aufgegeben hatte (siehe auch „1961/62
– Revell goes Chrysler“ in dieser Rubrik). Trotz zahlreicher Probleme aufgrund gebrochener Cabriolet-Scheibenrahmen und verzogener Coupe-Dächer als Folge der viel zu niedrigen Schachteln blieb
Jo-Han dieser Verpackungsform aber bis 1968 treu, um ab 1969 wieder zur hohen Einheitsschachtel zurückzukehren.
Während es das Cadillac Deville Hardtop Coupe nur als Annual-Kit gab, legte Jo-Han in den ´80er Jahren das Deville Convertible unter der Bezeichnung „Boss Man“ ein weiteres Mal auf, erfreulicherweise mit allen „Customizing“-Teilen des Annual-Bausatzes. Dazu gehörten unter anderem verschiedene Frontteile mit unterschiedlichen Kühlergrill- Varianten, ein neu gestaltetes Heck mit verschiedenen Rücklicht-Optionen, ein futuristisches Armaturenbrett mit „Steering Arm“ und Lenkhebel, Schalensitze, eine Mittelkonsole mit Telefon und Fernsehapparat sowie diverse Chromfelgen. Obwohl der ´68er Cadillac nicht als „Gold Cup“-Kit erschien, enthielt er lenkbare Vorderräder und zählte in Bezug auf seine Detaillierung zu den aufwändigsten Jo-Han-Bausätzen (die Abbildung zeigt den Inhalt der Wiederauflage).
DIE GEBAUTEN JO-HAN – MODELLE
Das Modell des 1968er Cadillac Deville Convertible entstand aus der Boss Man-Wiederauflage. Als Außenfarbe wurde ein sehr gedecktes Goldmetallic gewählt, das einerseits auf den großen, glatten
Flächen der Motorhaube und des Kofferraums nicht langweilig wirkt und andererseits die zahlreichen Lichtbrechkanten der Karosserie vorteilhaft betont.
Der gut einsehbare und sehr detailliert dargestellte Innenraum dieses Modells verdiente besondere Aufmerksamkeit. So wurden die Türverkleidungen, die Mittelkonsole, die Sitze und das Armaturenbrett mit einem zur Außenfarbe passenden, hauchdünnen Leder überzogen und mit vorbildgetreuen Applikationen versehen. Die Holzfurnier-Flächen in den Türen und am Armaturenbrett ließen sich mit Furnierfolie nachempfinden und mit Klarlack überziehen, der Bodenteppich und der Bezug der Verdeckabdeckung wurden aus feinem Velourstoff gefertigt. Der Motor und das Fahrwerk erfuhren dagegen keine Veränderungen, sondern wurden lediglich farblich detailliert heraus gearbeitet.
Das 1968er Cadillac Coupe Deville kam als „Builder“ , genauer gesagt als total ruinierte „Leiche“ ohne Felgen und Reifen über den großen Teich. Nach einer endlos lang dauernden Abbeiz-Aktion war zwar der größte Teil der vier (!) nachvollziehbaren Lackschichten verschwunden, die Karosserie präsentierte sich dafür mit zahlreichen Kleberresten und Gussgraten sowie gebrochenen A-Säulen und Ausstellfensterrahmen als Großbaustelle. Erst feinste Plastik- Chirurgie an den Bruchstellen sowie sorgfältigstes Verspachteln und Verschleifen aller Unebenheiten schufen die Basis für eine brauchbare Lackierung.
Die Karosseriefarbe wurde dem Originalfarbton „Kashmir Ivory“ nachempfunden und das dazu passende Hellbraun der Innenausstattung angemischt. Kurz vor der Endmontage fiel die bereits lackierte Karosserie aufgrund eines Missgeschicks vom Tisch, wobei ein dreieckiges Stück Plastik aus dem Dach heraus brach (es gibt Tage, an denen sich die dringliche Frage stellt, ob nicht doch Briefmarken sammeln das sinnvollere Hobby wäre?). Nach zeitraubender Reparatur der Bruchstelle und einer neuerlichen Lackierung wurden die Klarsichtteile mit Micro Mesh in den Stärken 6.000 bis 12.000 fein geschliffen und mit „Unipol“-Klarpolitur in einen annähernden Neuzustand zurück versetzt. Die zum Fahrzeug passenden Felgen fanden sich in der Teilekiste und auch das letzte Problem, das Einpassen der gnadenlos verzogenen Bodenplatte, ließ sich durch den Einsatz kleiner Schrauben anstelle der abgebrochenen Stifte zufriedenstellend lösen.
DIE X-EL-PROMOS DES CADILLAC DEVILLE COUPES VON 1968
Von den späten ´80er Jahren bis gegen Ende der ´90er fertigte Jo-Han Promotional-Modelle aus alten Formen im Maßstab 1:25 nach, die unter dem Label „X-EL“ vertrieben wurden. Die Spanne reichte
dabei vom zweitürigen Pontiac Coupe von 1955 (ohne Innenausstattung) bis zum Cadillac Coupe Deville von 1979 und umfasste 1989 an die 35 Modelle, die jedoch aus Kapazitätsgründen nie alle
gleichzeitig lieferbar waren. In der Regel gab es von jedem Modell vier verschiedene Farben, wobei die Autos der ´50er Jahre in attraktiven Zweifarbenlackierungen ausgeliefert wurden. In
Deutschland wurden die X-EL-Promos nie offiziell vertrieben; bei Preisen, die schon damals von 15 bis 20 Dollar pro Modell reichten, war es kein billiges Vergnügen, sie sich aus Amerika schicken
zu lassen!
Wie alle X-EL-Modelle überzeugt auch das ´68er Deville Coupe mit einer hervorragenden Detaillierung und einwandfreier Passgenauigkeit aller Anbauteile – ein Zeichen, dass der Formenbau bei Jo-Han bereits zu jener Zeit absolut perfekt war. Ein Blick auf die Farbnebel in der Karosserie-Innenseite zeigt, dass die Modelle in den jeweiligen Metallic-Farbtönen lackiert wurden, während der helle Kunststoff der Innenausstattung auch bei der Bodenplatte Verwendung fand. Hier lassen sich der massive Rahmen, der Auspuff, der Tank, Vorder- und Hinterachse, die Motorunterseite sowie die Kardanwelle wenigstens ansatzweise erkennen, während die Räder durch stabile Metallachsen verbunden werden – die Grundidee eines werbewirksamen Spielzeugs für Kinder ging eben auch bei diesen späten Promos noch nicht ganz verloren!
Neben den Deville Hardtop Coupe und Convertible-Promotionals produzierte Jo-Han im Jahre 1968 auch ein Werbemodell für das exklusive Cadillac Eldorado Coupe im Maßstab 1:25. Da es davon keine Wiederauflage gab, werden gut erhaltene Originale heute zu Preisen ab 150 Dollar hoch gehandelt. Das abgebildete Modell blieb offensichtlich von Sandkastenspielen aller Art und anderen zerstörerischen Aktivitäten verschont und präsentiert sich 44 Jahre nach seiner Entstehung nach wie vor in fast ladenneuem Zustand.
Wie immer verstand Jo-Han es auch bei diesem Modell, das wuchtige und doch elegante Erscheinungsbild des Vorbilds ohne Abstriche in den Maßstab 1:25 zu transferieren. So ist es auch heute noch ein Vergnügen, die fein gezeichneten Embleme an der Motorhaube und auf dem Kofferraumdeckel sowie die mikroskopisch kleinen „Eldorado“-Schriftzüge an den vorderen Kotflügeln zu betrachten oder die detaillierte Innenausstattung zu bewundern.
Auch die Passform der Klarsicht- und der Chromteile war seinerzeit über jeden Zweifel erhaben, selbst die Ausführung des Fahrwerks mit dem Rahmen, der Frontantriebseinheit, der Torsionsfederung,
der Auspuffanlage, der Hinterachse und dem Tank wies eine ungewöhnlich intensive Detaillierung auf – getreu dem Cadillac-Leitspruch „Standard of the world“ eben nicht nur im Maßstab 1:1, sondern
auch in 1:25!
Danksagung:
Das abgebildete Modell des Cadillac Deville Convertible wurde von Günther Eberhardt und Roland Müller, München gebaut, das Cadillac Coupe Deville von Peter Neumann, Kiefersfelden.
Text und Bilder: Gerhard Hoffmann, Bachmehring
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