Seltene Promotional-Modelle, Annual-Kits und andere Bausätze aus den ´60er Jahren von amt, mpc, Johan und weiteren
Herstellern, Maßstab 1:25
SIXTIES CLASSICS
Folge 3: Der 1962er Pontiac von amt
"You only live twice" – manche 1:25er Modelle leben tatsächlich zwei mal, wie der 1962er Pontiac Bonneville als Annual-Kit und sein kleinerer Bruder Catalina als "New Tool"-Bausatz von 1998/99
beweisen.
Pontiac 1962
Zu Beginn der ´60er Jahre zählte Pontiac zu den erfolgreichsten amerikanischen Automobil-Herstellern. Das etwas betuliche Image aus den frühen ´50er Jahren war mit dem Sondermodell "Bonneville"
von 1957 und der daraus entstandenen Top-Serie endgültig überwunden, ja sogar in eine besonders sportliche Wahrnehmung durch die Käufer umgeschlagen.
Bei dieser erstaunlichen Entwicklung spielten drei Faktoren eine besondere Rolle: Zum Ersten die Einführung des "Wide Track" (Breitspur)-Fahrwerks im Jahre 1959, das die Pontiacs sehr viel satter
auf der Straße stehen ließ als alle Konkurrenten, zum Zweiten die Einführung einer eigenen, unverwechselbaren Designsprache mit dem "Split Grille" (geteilter Kühlergrill), ebenfalls ab 1959 und
zum Dritten der Einsatz besonders starker V8-Motoren.
Einen großen Teil dieser äußerst erfolgreichen Reformen verdankte Pontiac dem genialen "General Manager" Semon E. "Bunky" Knudsen, der die Firma seit 1956 leitete. Unter seiner Regie entstand das
legendäre Bonneville-Cabriolet von 1957, der bis dato stärkste Pontiac aller Zeiten, das entweder mit Benzineinspritzung oder "Tri Power" (drei Doppelvergaser)-Anlage zum Preise von 5782 Dollar
geordert werden konnte. Der revolutionäre "Wide Track"-Pontiac von 1959, dessen Heck insgesamt vier Heckflossen zierten ("V-Fins") erhielt sogar den begehrten Titel "Car of the Year" der
anerkannten Fachzeitschrift "Motor Trend".
Zu Beginn der ´60er Jahre wurden die Pontiac-Formen ruhiger, ließen sich aber dank "Split Grille" und unverkennbarer Proportionen weiterhin eindeutig zuordnen. Der nächste Geniestreich des
rührigen General Managers war die Einführung der "Knudsen-Nase" ab 1962, einer stark nach vorne gezogenen Partie zwischen den beiden Hälften des Kühlergrills. Diese unverkennbare Charakterfalte
prägte das Gesicht aller Pontiacs bis weit in die ´70er Jahre hinein und wurde nach dem Wechsel Knudsens zu Ford auch dort zu einem wichtigen Erkennungsmerkmal. Außerdem kündigte sich bei Pontiac
1962 mit einer sanften, durch eine Zierleiste betonten Erhebung über den Hinterrädern ein weiteres dominantes Styling-Merkmal der ´60er Jahre an: Die "Coke Bottle" (Coca Cola-Flaschen)-Linie, die
nahezu alle US-Hersteller in den nächsten Jahren übernahmen.
Das "Full Size"-Programm der General Motors-Division Pontiac umfasste im Jahre 1962 insgesamt vier Modellreihen: Catalina, Star Chief, Bonneville und erstmals den besonders sportlichen Grand
Prix. Seit 1961 gab es bei Pontiac darüber hinaus den kompakten Tempest in einer DeLuxe und der etwas sportlicheren LeMans Ausführung.
Den Einstieg in die Welt der großen Pontiacs bildete 1962 der Catalina, den es als zwei- und viertürigen Sedan oder Hardtop, Station Wagon und Cabriolet gab. Schon für 2.725 Dollar konnte der
potentielle Kunde den repräsentativen zweitürigen Sedan, ab 2.936 Dollar einen viertürigen "Vista"-Sedan und für 3.172 Dollar das Convertible Coupe (Cabriolet) kaufen. Als Antrieb diente ein
389er V8-Motor, der je nach Modell zwischen 215 und 267 PS leistete.
Der insgesamt knapp 41.000 mal gebaute Star Chief, den es nur als Viertürer gab, spielte in der Pontiac-Bilanz des Jahres 1962 keine große Rolle, eher schon das Top-Modell Bonneville, das sich durch eine durchgehende Seitenzierleiste, größere Rücklichter und eine Heckblende mit Typen-Schriftzug von den kleineren Serien unterschied. Den Bonneville gab es nur als zwei- oder viertüriges Hardtop, "Safari"-Station Wagon oder Cabriolet und die Preisspanne bewegte sich zwischen 3.349 (2door Hardtop) und 3.624 Dollar (Safari Station Wagon). Der 389er Motor leistete je nach gewählter Option zwischen 303 und 348 PS (Tri-Power).
Völlig neu für 1962 war der Grand Prix, ein nur zweitürig lieferbares Sport- Hardtop mit vorderen Einzelsitzen und einer Mittelkonsole. Der Grand Prix besaß eine eigens gestylte Front- und Heckpartie, Leichtmetallfelgen und wahlweise ein handgeschaltetes Viergang-Getriebe oder die "Hydra-Matic"- Automatik. Insgesamt entstanden 1962 bereits 30.195 Grand Prix-Coupes mit dem 303er "Trophy"-V8, die zum Preise von 3.490 Dollar verkauft wurden.
Weitblick bewies Pontiac 1962 aber nicht nur mit diesem "Personal Coupe", einer Fahrzeug-Gattung, die in den nächsten Jahren enorme Zuwächse verbuchen konnte, sondern auch mit der sportlichen
"LeMans"-Version des Tempest, die ab 1964 unter der Bezeichnung "GTO" die "Muscle Car"-Ära begründete – ein glänzender Start in die wilden ´60er Jahre!
Der Annual-Kit des 1962er Pontiac Bonneville von amt
Wie in jenen Jahren üblich, bildeten sowohl die Promotionals als auch die Annual-Bausätze die Coupe- und Cabriolet-Versionen des jeweiligen Top-Modells im Maßstab 1:25 nach. So gesehen stellen
die beiden amt-Kits des Pontiac Bonneville keine Ausnahmen von der Regel dar, fallen aber durch ihre unterschiedlichen Schachtelgrößen und -designs trotzdem etwas aus dem bekannten Rahmen.
Der Bausatz des ´62er Pontiac Convertible findet sich in der "3 in 1 Customizing Kit"-Einheitsschachtel (siehe "Imperial – The Finned Years", Teil 2, in dieser Rubrik), deren Deckelbild und Seitenteile ein Phantasie-Fahrzeug ziert, das entfernt an den Ford Galaxie dieses Jahres erinnert. Wie gewohnt, ließen sich eine Stock-, eine Racing- oder eine Custom-Version bauen, letztere nach den Ideen von George Barris. Er zeichnete auch für die Vorschläge zum "Parts Swapping" (Teiletausch) verantwortlich, in dem er anregte, die Custom- Teile aus anderen Bausätzen (Thunderbird, Lincoln Continental, Imperial, Chevolet Impala) für die phantasievolle Gestaltung des Pontiac zu verwenden
Während sich die Zusatzteile für die Renn-Version auf einen Überrollbügel und etliche Decals beschränkten, gaben sich amt und George Barris bei den Customteilen erheblich mehr Mühe. Allein für
den Kühlergrill sah der Kit zahlreiche unterschiedliche Möglichkeiten vor, außerdem "Lucas"- Scheinwerfer, Fender Skirts mit eigenen Chromleisten, Baby Moon- Radkappen, Side Pipes, Tube Bumpers,
Custom Fins mit separaten Rückleuchten sowie ein zweiteiliges Tonneau Cover, mit dem sich wahlweise der gesamte Innenraum oder alle Sitze außer dem des Fahrers abdecken ließen. Das gezeigte
Modell des ´62er Pontiac Bonneville Convertibles stammt aus
eben diesem Kit, wurde jedoch "Strictly Stock" gebaut, ohne die genannten Racing- oder Customteile zu verwenden.
Der Annual-Bausatz des 1962er Pontiac Bonneville Hardtop Coupes lässt bereits durch sein größeres Format erahnen, dass im wahrsten Sinne des Wortes "mehr in ihm steckt". Bereits die Aufmachung
der Schachtel zeigt unmissverständlich, dass es sich um einen legitimen Nachfolger der legendären "Styleline"-Kits von 1961 handelt, selbst wenn man die Aufschrift "3 in 1, Stock, Custom,
Stylized" noch nicht gelesen hat. Wiederum war es George Barris, der die "Many Design Variations" erdacht hatte, und amt unterstützte die ambitionierten Modellbauer durch die Beigabe von
"Body Filler Putty" (Karosserie-Füllmasse), "Upholstery" (Polstermaterial) und "Sandpaper" (Schleifpapier). Bei genauerer Betrachtung wird offenbar, dass sich einige der Customteile aus dem
Cabriolet-Bausatz auch im Coupe- Kit wiederfinden, unter anderem die verschiedenen Kühlergrill-Optionen, die Fender Skirts und die Tube Bumpers. Darüber hinaus liegen dem Bausatz aber noch ein
verlängertes Heckteil mit Spoiler, unter dem sich vier hängende Rücklichter realisieren lassen, ein "Grand Prix"-ähnlicher Kühlergrill sowie ein lederähnlich strukturiertes Stück Klebefolie zum
Beziehen der Sitze bei. Als "Bonus Special" gab es einige Teile eines Triumph-Motorrades – ein kluger Schachzug, denn wer das komplette Bike sein Eigen nennen wollte, musste alle Bausätze der
Serie kaufen!
Die Pontiac Catalina New Tool-Bausätze von amt
Im Jahre 1998 überraschte amt/ERTL die Modellbauer mit einem 1962er Pontiac-Bausatz im Maßstab 1:25 – keine Wiederauflage, wie gewohnt, sondern ein "New Tool"-Kit, und auch kein Bonneville mehr
wie 1962, sondern ein "Catalina 421 SD". Damit bildete der hervorragend konzipierte und gemachte Bausatz die stärkste "Super Duty Package"-Version (über die Händler angebotene Optionen zur
Leistungssteigerung) mit einem 405 PS starken V8-Motor nach, die sich seinerzeit besonders bei Beschleunigungsrennen großer Beliebtheit erfreute. Dieser erste Kit enthielt noch keine Decals für
eine bestimmte Wettbewerbs-Ausführung und konnte nur in einer Version mit "Drag Slicks" auf den Hinterrädern gebaut werden.
Ein Jahr später, 1999, erschien der 1962er Pontiac Catalina Custom mit unveränderter Karosserie und Innenausstattung, aber speziellen Customteilen für den Kühlergrill und die Felgen sowie vier
normalen Weißwandreifen. Wiederum ließ sich nur eine Version bauen, so dass die Stock-Ausführung nur in Verbindung mit dem Kit des Catalina 421 SD entstehen konnte. Erst zehn Jahre später, im
Jahre 2009, brachte amt/Round 2 eine Wiederauflage des 1962er Pontiac Catalina heraus, in der
beide Versionen enthalten waren.
Der Bau des 1962er Pontiac Catalina von amt/Round 2
Die im Stil der ´60er Jahre äußerst dekorativ gestaltete Bausatz-Schachtel zeigt auf dem Deckelbild und einem Seitenteil die Renn-Version "Arnie "The Farmer" Beswicks Passionate Poncho II" und auf dem anderen Seitenteil einen durchgestylten und extrem tiefer gelegten Custom. Obwohl eine serienmäßige Ausführung im Kit nicht vorgesehen ist, lässt sie sich doch mit einfachen Mitteln und wenig Aufwand realisieren. Als Vorlagen und Anregungen dienen Abbildungen und Detailaufnahmen aus US-Car-Magazinen und –Büchern, aber auch aus aus dem Internet. Zum Bausatz selbst muss bereits vorab festgestellt werden, dass die Bedampfung der Chromgießäste keine besonders gute Qualität aufweist. Einige Teile sind mit den Sichtflächen angegossen und müssen nach der Abnahme mit Bare Metal Foil "Ultra Bright" ausgebessert werden. Auch alle anderen Teile sollten vor der Lackierung und der Montage auf genaue Passung überprüft werden – soweit dies möglich ist - , um später böse Überraschungen auszuschließen.
Beim Zusammenbau des Motors werden die Hinweise zur Drag-Version beachtet, die Farbgebung erfolgt nach den Vorschlägen der Bauanleitung und Vorbildfotos. Zusätzlich kann der Motor eine Detaillierung mit Modell- Zündkabeln aus dem Zubehörhandel ("Ignition Wire", Maßstab 1:24 von Detail Master) erhalten.
Auch beim Innenraum entspricht die Drag-Version des Kits einer serienmäßigen Ausführung. Die Einzelfarben der Sitze werden am besten mit einem dünnen, weichen
Pinsel und gut aufgerührter, vorgewärmter Farbe aufgebracht. Die Türverkleidungen und das Armaturenbrett lassen sich dagegen mit der Airbrush-Pistole lackieren, bevor die Zierleisten und die
Embleme mit Bare Metal Foil herausgearbeitet werden.
Beim Zusammenbau des Fahrwerks wird mit dem Einsetzen der Längslenker (Teile 31 und 32), die für die Führung der Hinterachse verantwortlich sind, begonnen. Nach der Verklebung des Rahmenteils mit
dem Unterboden erfolgen das Einführen der vorderen Auspuffteile 38 und 40, das Einsetzen und Verkleben des Motors sowie die Befestigung der Auspuffhälften an Motor und Chassis. Anschließend
lassen sich die hinteren Auspuffrohre anbringen und zuletzt die vordere Spritzwand mit dem Kühler und dem unteren Wasserschlauch montieren. Bei der Montage der Vorder- und
Hinterradaufhängungen wird nach den Hinweisen zur Drag-Version gearbeitet.
Bei den Rädern werden die verchromten äußeren Felgenhälften der Custom Ausführung abgebeizt und in Wagenfarbe lackiert. Die weitere Montage der Räder erfolgt ebenfalls mit den Custom-Teilen
einschließlich der Weißwandreifen. Als Radkappen finden die kleinen, verchromten "Dog Dishes" Verwendung. Auf diese Art
und Weise lässt sich mit kleinen Änderungen und der Kombination verschiedener Teile eine äußerst ansprechende Stock-Version realisieren, was aber den Reiz der
vorgesehenen Renn- und Custom- Ausführungen in keinster Weise schmälert – also auf zum Händler Ihres Vertrauens und am besten gleich drei Bausätze erstanden!
1962 Bonneville: Text und Modell - Gerhard Hoffmann, Bachmehring
1962 Catalina: Text und Modell - Peter Neumann, Kiefersfelden
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